Maybe it’s my mistake ...
Ich möchte etwas Neues ausprobieren. Ich möchte unsere geneigten Leser*innen bitten, die Kommentarfunktion unter diesem Text zu nutzen und reinzuschreiben, wann sie das letzte Mal Geld dafür ausgegeben haben, um jeweils Julia Roberts oder George Clooney im Kino zu sehen. Ich meine jetzt nicht, wann sie beim Rumzappen mal bei „Ocean’s irgendwas“ hängen geblieben sind oder sich auf dem Streaming-Dienst ihrer Wahl aus Langeweile „Wunder“ oder „Hail, Caesar!““ angesehen haben. Ich will auch nicht lesen, dass unsere Leser*innen erst neulich die alte DVD von „Pretty Woman“ oder „From Dusk Till Dawn“ eingelegt haben. Nein, ich möchte wissen, wann Ihr das letzte Mal an der Kinokasse gestanden und gutes Geld für Tickets für einen Film mit einem der beiden Stars von „Ticket ins Paradies“ hingelegt habt. Ich wette, in beiden Fällen ist es schon eine ganze Weile her.
Julia Roberts hat vor dreihundert Jahren mit ihrer Darstellung einer Fantasy-Prostituierten in einer Fantasy-Version von Los Angeles einen Nerv getroffen. Während der gesamten Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts hat sie in so vielen Filmen so breit und ausgiebig gegrinst, dass sie zur Jahrtausendwende zwanzig Millionen Dollar pro Film und den unverdientesten Oscar der Filmgeschichte bekommen hat (in dem Jahr waren u.a. Laura Linney, Ellen Burstyn und Joan Allen nominiert).
Irgendwann haben Studiobosse und das Publikum eingesehen, dass Grinsen und langes rotes Haar alleine keinen Film aufwerten. Trotzdem belästigt uns die kleine Schwester von Eric Roberts immer noch alle ein bis zwei Jahre mit Darstellungen in Filmen wie „Valentinstag“ oder schlimmer noch „Eat Pray Love“ und nun eben „Ticket ins Paradies“. Wenn wir Frau Roberts alle weiter ignorieren, hört sie vielleicht irgendwann damit auf.
George Clooney ist ein ganz anderer Fall. Der Mann hat über zehn Jahre unergiebige Nebenrollen gespielt, bevor er mit „Emergency Room“ bekannt wurde. Schnell konnte er sich mit so unterschiedlichen Filmen wie „From Dusk Till Dawn“, „Out of Sight“ oder „Solaris“ als verlässlicher Darsteller etablieren. Sein spezieller Charme, der an Legenden wie Cary Grant erinnert, ließ ihn schnell zu einem der größten Stars Hollywoods werden. So ganz nebenbei wurde Clooney noch ein kompetenter Regisseur und sollte dabei doch gelernt haben, wie man Drehbücher liest. Seine Mitwirkung bei „Ticket ins Paradies“ ist daher schwer nachvollziehbar. Andererseits verdient der Mann in letzter Zeit sein Geld vor allem mit überteuertem Kaffee in Alukapseln. Man darf also von einer beträchtlichen Gage für Clooney ausgehen.
Viel bietet Clooney nicht für sein Geld. Ja, er sieht immer noch gut aus. Ja, er hat immer noch Charme. Aber seine Leistung wirkt, als würde er sich vage an seine alten Filme wie „Ein (un)möglicher Härtefall“ erinnern und das Erinnerte nochmal halbherzig vorführen. Man nimmt ihm die Abneigung gegen seine Exfrau ebenso wenig ab wie die Liebe zu seiner Tochter. Man glaubt ihm nicht, dass er ein Problem mit der Hochzeit hat. Und am Ende wirkt es nicht wirklich so, als wäre er gern mit der Frau zusammen, deren Hand er hält. Clooney markiert bloß. Das reicht vielleicht um Kaffee zu verkaufen, aber nicht für einen ganzen Film.
Der Rest der Besetzung ist ebenso uninteressant wie der ganze Film. Eine junge Dame namens Kaitlyn Dever tut wenig überzeugend so, als wäre sie verliebt und die Tochter der Hauptfiguren. Ein attraktiver Franzose namens Lucas Bravo spielt einen attraktiven Franzosen und scheitert daran. Ein junger Mann indonesischer Abstammung namens Maxime Bouttier spielt einen jungen Mann indonesischer Abstammung, was ihm sichtlich schwer fällt. Aber warum sollen wir uns für diese Nebenfiguren interessieren, wenn das die Drehbuchautoren schon nicht getan haben?