Der neue Film über die vier jugendlichen Detektive macht vor allem deutlich, wie wichtig es ist, auf Kinder gut aufzupassen …
Horch was kommt von draußen rein …
Tim wächst ohne Vater in einer Großstadt auf und ist daher gleich zu Anfang des Films dabei zu sehen, wie er Graffiti sprüht. Willi ist reich und ein bisschen dick und wird daher Klößchen genannt. Karl ist schwächlich und ein Nerd und ist daher dauernd mit technischen Geräten zu sehen die älter sind als er. Gabys Vater ist Polizeibeamter, weshalb seine Tochter dauernd bei seinen Ermittlungen dabei ist. Aus kaum erklärten Gründen gehen diese vier unterschiedlichen jungen Leute auf die gleiche Schule, freunden sich an und lösen den Fall eines Flugzeugabsturzes der bloß Tarnung für einen Antiquitätenraub ist, der dann zu einer Entführung wird …
Auch wenn ich selbst als Kind nie die Hörspiele gehört oder die Jugendromane gelesen habe, spricht von mir aus nichts gegen Filme um jugendliche Detektive. Vor zwei Jahren kam ein spannend und witzig gemachter Film um die „Pfefferkörner“ in die Kinos. Letztes Jahr waren dann die „Fünf Freunde“ wieder auf Verbrecherjagd. Nun dürfen also auch Tim, Karl, Klößchen und Gaby im Kino ein Verbrechen aufklären.
Leider beschäftigen sich die vier Jungdetektive mit dem falschen Verbrechen. Statt sich mit dem Geheimnis einer alten chinesischen Statue zu befassen, hätten sie mal lieber nachforschen sollen, wer Drehbuchautor Peer Klehmet („Rock It!“) und Regisseur Robert Thalheim („Tatort“) die letzten dreißig Jahre in einem dunklen Loch ohne Kontakt zur Außenwelt gefangen gehalten hat. Eine jahrzehntelange Geiselhaft ist nämlich die einzige Erklärung, warum die Macher ihren Film so furchtbar altmodisch gestaltet haben.
Vielleicht müssen die Macher von „TKKG“ ihren Finger nicht im gleichen Maß am Puls der Zeit haben wie etwa die Produzenten der James-Bond-Filme. Aber wieso eigentlich nicht? Gerade Kinder haben heute andere Sehgewohnheiten als noch vor einigen Jahren. Wir haben mittlerweile 2019. Da muss man Kinderfilme nicht mehr so gestalten wie anno als-ich-noch-jung-war. Da kann man sich mit den Charakteren ein bisschen mehr Mühe geben. Die Schulleiterin muss keine Schreckschraube sein. Die Mitschüler müssen keine bloßen Klischees sein. Der Vater muss den Sohn keinen Platz in einem Internat erkaufen, das nur eine kurze Autofahrt entfernt liegt. Und ein Bösewicht muss nicht mehr tatsächlich „Hahahaha!“ sagen, wenn er meint gewonnen zu haben.
Auch hätte man sich eine echte Handlung einfallen lassen können, statt einfach Szenen aneinander zu reihen. Das Flugzeug mit Willis Freund muss nicht nachts ausgerechnet vor seinem Fenster abstürzen. Und wenn schon, dann müssten das mehr als zwei Personen bemerken. Der Lehrer muss nicht extra eine ganze Unterrichtsstunde über das gestohlene Objekt abhalten, bloß um die Handlung nochmal zu erklären. Die Detektive sollten auf ihren Kinderfahrrädern nicht regelmäßig schneller sein als die Erwachsenen mit ihren Autos nur damit die Handlung vorankommt.
Was ist denn das überhaupt für eine Handlung, in der die armen Protagonisten Dinge tun oder nicht tun müssen, egal ob es Sinn ergibt oder nicht? Ein Dreizehnjähriger lernt eine alte asiatische Kampfkunst innerhalb weniger Tage aus einem Buch. Eine Schülerin hat zufällig eine Zange dabei und kann damit die Lenkung eines Pickups so manipulieren, dass der Bösewicht damit in das einzige Hindernis weit und breit rast. Ein Erwachsener versteckt sich vor zwei Kindern, die ihm nichts anhaben könnten. Ein Hund wird verletzt und liegt blutend da und wir fragen uns, warum und wozu wenn es doch nicht einmal etwas zur Handlung beiträgt?
Baker Street
Nicht nur die Handlung stellt ein Problem dar. Auch filmisch liegt „TKKG“ auf dem Niveau alter ZDF-Mehrteiler. Nichts ist spannend oder flott in Szene gesetzt. Theoretisch hätte der Film Action zu bieten. Tim klettert Hauswände an Seilen hoch und flüchtet vor der Polizei über Hausdächer. Karl kämpft mit dem Entführer in einer alten Fabrik. Und es gibt sogar einen Flugzeugabsturz. Aber all das ist langweilig anzusehen. Der Flugzeugabsturz wirkt wie von der Augsburger Puppenkiste inszeniert. Bloß hätte man dort auf die schlecht im Computer generierten Flammen verzichtet.
Die Ausstattung und die Kostüme sind schon fast wieder sehenswert. Damit wir den Nerd als Nerd erkennen hat der Nerd ein halbes Dutzend Globen in seiner Nerdbehausung, obwohl kein Nerd in Zeiten von Google-Earth auch nur einen einzigen Globus benötigt. Der Nerd versorgt die Truppe auch mit Walkie-Talkies von der Größe von Ziegelsteinen. Die jungen Leute benutzen ihre Smartphones fast ausschließlich zum Telefonieren, nie um etwas im Internet nachzusehen oder eine WhatsApp-Nachricht zu schreiben. Und praktisch jeder Protagonist läuft rum, als wäre er beim C&A-Schlussverkauf 1987 eingekleidet worden.
Selbst die Musik klingt, als wäre sie einem alten Schimanski-Tatort entlehnt. Beim Finale muss ein armes Kind tatsächlich „Baker Street“ auf dem Saxophon spielen. Vermutlich kennen die Filmemacher kein anderes Stück für Saxophon. Und sogar die Grafik des Abspanns sieht aus wie der Schriftzug auf einem Prospekt für ein Sonnenstudio das vor Fünfundzwanzig Jahren schließen musste.
Tim, Klößchen, Karl und Gaby
Die jungen Darsteller des Detektivquartetts wirken sympathisch und machen ihren Job nicht schlecht. Trotzdem kann man nur hoffen, dass sie in der Schule fleißig sind. Als Schauspieler wird keiner von Ihnen später große Karriere machen.
Milan Peschel hat u.a. in „Der Hauptmann“ gezeigt, was er als Schauspieler zu leisten vermag. Hier gibt wieder mal den Deppen, wie er das in fast allen seinen Filmen macht. Nur macht er das hier nicht ganz so gut wie sonst. Der Rest der Besetzung leistet nichts was der Rede wert wäre.
Fazit
Natürlich können sich Kinder zwischen 6 und 12 Jahren über diesen Film amüsieren. Aber wenn man seinen Kindern Filme wie diesen zu oft zeigt, werden sie später mal „Tatort“ für eine spannenden Krimireihe halten oder Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen für romantische Dramen … Hier sollten sich Eltern der Verantwortung für ihre Kinder bewusst sein.