Und die Richterin, die ist so voll „law and order“ und sagt, „Entziehungskur oder Knast“. Aber im Entzug trifft Moondog Zac Efron. Und Zac und er hauen gleich wieder ab und überfallen einen alten, gehbehinderten Mann und klauen ihm sein Geld. Das war sicher sowieso bloß ein Spießer, also ist das ok. Und mit dem Geld kaufen sie Drogen und holen sich Nutten und eine der Nutten hat voll die tiefe Stimme, das war sicher ein Kerl hihi! Und dann ist Moondog auf Snoop Dogs Boot und da sind voll die geilen Nutten und dann kommen die Bullen, aber Snoop Dog lässt Moondog und sein Gras von einem fast blinden Piloten wegfliegen und dann schreibt Moondog seinen Roman fertig und alles ist irgendwie total cool und am Ende geht es Moondog gar nicht um das Geld, das ist nämlich voll die Aussage von dem Film, klar?
In meiner lang zurückliegenden Jugend kannte ich viele Leute, die so gesprochen haben. Diese Menschen hatten alle eine starke Affinität für eine ganz spezielle Sorte Kräuterzigaretten. Gesoffen haben die natürlich auch alle, aber vor allem die Kräuterzigaretten hatten großen Einfluss auf ihre Sprache. Ich habe schon lange niemanden mehr so sprechen hören. Die Leute, die damals so drauf waren, haben im Lauf der Jahre entweder die Kurve gekriegt oder sind mittlerweile tot. Damals hatten sie die Ausrede jung und dumm gewesen zu sein. Interessant war das, was sie gesagt und getan haben aber selbst damals nicht. Warum Regisseur und Drehbuchautor Harmony Korine meint, es wäre interessant Matthew McConaughey über anderthalb Stunden auf der Leinwand so agieren und sprechen zu lassen, ist ein Rätsel.
Noch rätselhafter ist, wie Korine auf die Idee kommt, uns die Figur des Moondog als Poeten verkaufen zu können. Mit fiktiven Dichterfiguren hat man es im Film immer schwer. Denn wenn deren Dichtkunst nicht viel taugt, wird die Figur schnell unglaubwürdig. Das was Moondog in diesem Film vorträgt, kann man nicht einmal unter stärkstem Drogeneinfluss für Dichtung halten.
Is that all there is?
Harmony Korine wurde 1995 schlagartig berühmt, weil er das Drehbuch zu „Kids“ geschrieben hatte. Dieser Film ist ein einzigartiges Meisterwerk. Und wie viele echte Meisterwerke hat ihn kaum jemand jemals gesehen. Zu sperrig, zu kompliziert, zu verstörend war dieser Film über Jugendliche und ihre lieblosen sexuellen Eskapaden in New York. „Kids“ war ein Film mit einer Handlung, mit einem Thema. In „Kids“ ging es um etwas. Dieser Film hatte Substanz. Mittels Bilder und Sprache erzählte er uns von einer Welt, die uns unbekannt war.
Wenn die Jugendlichen in „Kids“ sich der derbsten Umgangssprache bedienten, dann vermittelte uns diese ihre eigene Sprache ihre Zugehörigkeit zu einem eigenen Volk, das mit dem Volk der Erwachsenen nichts zu tun hatte. Wenn Snoop Doog in „Beach Bum“ eine Trauungszeremonie abhält und dabei öfter „fuck“ sagt, als auf den meisten seiner tracks, dann vermittelt uns das … keine Ahnung … vielleicht den begrenzten Wortschatz des Rappers?
Wenn der Protagonist in „Kids“ mitten in Manhattan auf die Straße pinkelte und nur sein gleichaltriger Freund sich abwendete, dann vermittelte uns das, wie diese jungen Leute nur ihresgleichen als echte Menschen wahrnahmen. Wenn McConaugheys Figur in diesem Film nun überall hinpinkelt, vermittelt uns das nur, was für eine dumme Kombination Bier und Gras bilden, weil das eine harntreibend wirkt und das andere enthemmend.
Worum geht es nun also in „Beach Bum“? Das Thema des Films kann doch nicht wirklich sein, dass drogenabhängige Egozentriker in der Regel schlechte Entscheidungen treffen? Das hätten wir zur Not auch selbst vermutet. Und warum sollte uns sowas interessieren? Und wenn uns diese Geschichte schon nicht interessiert, sollte sie uns nicht wenigstens unterhalten?
That’s great poetry
Das Drama in „Beach Bum“ ist vorhersehbar und uninteressant. Die Komik dieses Films ist vorhersehbar und nicht lustig. Von dem Tubaspieler, der am Steg steht und – Überraschung! – ins Wasser geschuppst wird bis zu dem Feuerwerk am Ende wird jeder einzelne Witz dieses Films viel zu lange angekündigt. Und kein einziger dieser Gags ist die lange Wartezeit wert.
Am schlimmsten ist es, wenn Martin Lawrence minutenlang davon erzählt, wie er Touristen aufs Meer hinausfährt, damit diese dort Delphine zu sehen bekommen. Dann erzählt McConaughey den Touristen minutenlang, wie sie gleich Delphine zu sehen bekommen werden. Danach sehen wir minutenlang Rückenflossen, die niemand auf der Welt für die von Delphinen halten kann, während Lawrence sich einen Neoprenanzug anzieht um mit den „Delphinen“ schwimmen zu gehen. Anschließend schwimmt Lawrence nochmal eine ganze Weile im Meer, während die Rückenflossen immer näherkommen. An diesem Punkt hätte jeder Filmemacher endlich von diesem miesen Gag abgelassen. Nicht so Harmony Korine! Wir bekommen den abgebissenen Fuß nicht einmal zu sehen. Auch nicht zweimal. Ganze dreimal zeigt man uns den abgebissenen Fuß. Lawrence darf seinen eigenen Fuß sogar in der Hand halten.
Am allerschlimmsten ist aber, dass dieses undramatische Drama, diese unlustige Komödie, ganz hervorragend gemacht ist. Zumindest wenn man davon absieht, dass das Drama nicht dramatisch ist und die Komödie nicht lustig. Korine ist offensichtlich ein begabter Filmemacher. Die Kameraarbeit wirkt abwechselnd bekifft und genial. Manchmal beides. Der Schnitt wirkt öfter bekifft als genial und ist wohl tatsächlich beides. Einige der Schauspieler leisten erstaunliches.
Isla Fisher zeigt eine großartige Darstellung einer – mit Verlaub – zugedröhnten dummen Kuh. Ihre Leistung ist viel zu gut für diesen Film. Zac Efron ist kaum wiederzuerkennen und jagt einem mit seiner Darstellung beinahe Angst ein. Jetzt wo Joe Pesci keine Filme mehr macht, sollte irgendjemand Martin Scorsese Efrons Nummer geben.
Aber wo man von Isla Fisher und Zac Efron gerne mehr gesehen hätte, wäre bei Matthew McConaugheys Darstellung weniger einfach mehr gewesen. Seine Rolle erinnert an seine großartig skurrilen Nebenrollen in Filmen wie „Tropic Thunder“ oder „The Wolf Of Wall Street“. Es ist nicht seine Schuld, wenn wir von seiner Figur des Moondog recht bald genug haben. Anderthalb Stunden lang einem egozentrischen, unreifen Kiffer zusehen zu müssen, ist einfach zu viel. Selbst wenn dieser von einem der besten Schauspieler unserer Zeit dargestellt wird.
Fazit
Stellen wir uns kurz vor, ein Pferd hätte eine komplette Kopie eines Cheech & Chong-Films und eine von „The Big Lebowsky“ gefressen. Und jetzt stellen wir uns vor, ein begabter Bildhauer hätte die Pferdeäpfel mit den Filmschnipseln gesammelt und daraus eine schöne Skulptur erschaffen. Wäre das dann nicht immer noch ein Haufen Mist? Und müsste man sich nicht immer noch fragen, wozu die Mühe?