Dabei geht Wright als Darstellerin, aber vor allem als Regisseurin wunderbar subtil vor. Die starke humanistische und – wenn man so möchte – feministische Botschaft des Films drängt sich uns nicht auf. Wir nehmen diese Botschaft auf, wie wir die Wärme einer Suppe aufnehmen, mit der wir uns in einer kalten Hütte in den winterlichen Rocky Mountains stärken. Und so wie sich die Figur der Edee für die harten Winter und das anstrengende Leben in der Wildnis stärken muss, so müssen auch wir uns stärken für den Schluss des Films.
There’s no turning back …
Wie ein Bär eine Hütte verwüstet und den größten Teil unserer Vorräte zerstört, so verwüstet der Schluss des Films den Genuss echter Filmkunst und zerstört die tiefe, profunde Botschaft des Films. Ich weiß, Hollywoodfilme brauchen immer eine versöhnliche Auflösung. Ich weiß, diese Auflösung muss am Ende immer minutenlang haarklein erklärt werden, damit auch der dümmste Ticketkäufer versteht, worum es geht. Aber DIESER Film hätte diese Auflösung NICHT gebraucht. Am Ende DIESES Films hätte es KEINER Erklärungen bedurft.
Dieser Film vermittelt uns, wie zwei Menschen einander nahe kommen können, ohne einander jede einzelne Kleinigkeit zu erzählen. Dieser Film weiß, dass zwei Menschen sehr viel teilen und trotzdem Geheimnisse voreinander haben können. Dieser Film zeigt, wie Menschen einander nahe sein können, auch wenn sie oft räumlich getrennt sind und nicht viel Zeit miteinander verbringen. In diesem Film kann das Unausgesprochene viel aussagen.
In einem der größten Filme aller Zeiten heißt es „Constantly talking isn't necessarily communicating“. Und „Land“ zeigt uns immer wieder, wie wahr dieser Satz ist. Wenn Edee Zeit mit dem erfahrenen Jäger Miguel verbringt, kommunizieren diese beiden Menschen viel und sprechen nur wenig. Dieser Film zeigt, nicht alle Probleme löst man durch Reden. Warum muss gerade DIESER Film dann ein Ende haben, in dem alle losen Fäden verknüpft, alle Geheimnisse gelüftet und alle Konflikte gelöst werden müssen, wie in den letzten 10 Minuten einer Folge von „Das Traumschiff“?
Acting on your best behaviour …
Robin Wright hat das Gesicht einer Prinzessin und einer Kaiserin, sie hat den Körper eines Modells und einer Kriegerin. In diesem Film ist sie eine Alpha-Frau ohne Rudel. Sie ist stark und wirkt gleichzeitig völlig verloren. Sie ist entschlossen und doch unsicher. Verzweifelt und doch Hoffnungsvoll. Ganz allein und nicht einsam. Sie verkörpert in diesem Film die Ambivalenz des menschlichen Daseins.
Demián Bichir („A Better Life“) spielt den erfahrenen Waldläufer mit stiller Würde und einem traurigen Lächeln. Er zeigt wohl die beste Leistung seiner Karriere und ist natürlich auch in seiner Schlussszene großartig. Leider ist eben diese Schlussszene ein Verrat an Bichirs Leistung und an der von ihm dargestellten Figur.
Kim Dickens sieht man seit Jahrzehnten immer wieder in unterschiedlichsten Nebenrollen in Filmen wie „Das Mercury Puzzle“ oder „Blind Side“. Sie vermittelt in wenigen kurzen Szenen die verzweifelte Hilflosigkeit eines Menschen der helfen will und nicht kann.
Fazit
Ein wunderschöner Film, der auf ungewöhnliche Art und Weise eine faszinierende Geschichte erzählt und profunde Einsichten bietet. Der lächerlich konventionelle Schluss verhindert ein Meisterwerk.