Nach bisher vier Realverfilmungen der Abenteuer des kleinen Galliers und seines dicken, ... pardon, ... kräftigen Freundes kommt nun ein fünfter Film ins Kino. Was ist daran neu?
Bindet mir keinen Panda auf!
Asterix und Obelix gehen auf Wildschweinjagd, treffen Römer, verprügeln diese, dann werden sie von Fremden um Hilfe gebeten, reisen in die Heimat der Fremden, treffen auf dem Weg Piraten, in der Fremde kommt es zu klischeehaften Scherzchen über Land und Leute aber auch zu jeder Menge Prügeleien, am Ende geht alles gut aus und es gibt ein Festessen. So weit so bekannt. Aber dieser neue Film unterscheidet sich dann doch noch von den bisherigen ...
Man kann von den bisherigen Asterix-Realfilmen halten, was man will. Sie haben jedenfalls immer versucht, Familienfilme zu sein. „Familienfilme“ bieten im Gegensatz zu „Kinderfilmen“ immer auch Gags und Handlungselemente, die für Kinder zu hoch und für die erwachsenen Zuseher bestimmt sind. „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ versucht auch ein Familienfilm zu sein und Gags für Erwachsene zu liefern. Aber irgendwie scheitert das neue Team rund um Regisseur und Co-Autor Guillaume Canet dann doch an dem Vorhaben, einen Familienfilm zu machen.
ACHTUNG SPOILER! Ich gebe jetzt den einzigen Gag des Films wieder, der mich zum Schmunzeln gebracht hat: Miraculix steht im gallischen Dorf in Treibsand und versinkt im Boden. Während er mit Obelix seelenruhig einen Dialog darüber führt, ob es an der Stelle überhaupt Treibsand gibt oder nicht, versinkt er langsam immer weiter. Das war’s. Das war der einzige Gag in einem knapp zwei Stunden langen Film, über den ich Schmunzeln konnte.
Wie bitte? Was daran witzig sein soll? Nun ja, zum Verständnis dieses Gags braucht es ein gewisses Wissen. Um die geneigten Leser*innen zu beruhigen, kann ich hinzufügen, auch keinem der anwesenden Vertreter der Filmpresse hat sich dieser Witz bei der Pressevorführung erschlossen. Ich habe nachgefragt. Erwachsene Menschen, die Geld dafür bekommen, über Filme zu berichten und diese zu kritisieren, hatten keine Ahnung, was an dieser Szene witzig gewesen sein soll. Für interessierte Leser*innen folgt jetzt eine – zugegeben – recht lange Erklärung dieses Scherzes, der die Grenzen des Begriffs „Insidergag“ arg strapaziert.
Der Druide Miraculix wird in diesem fünften Realfilm rund um Asterix von der französischen Schauspiel- und Comedy-Legende Pierre Richard dargestellt. Der immer noch rüstige, mittlerweile bald Neunzigjährige tritt immer noch gelegentlich in Filmen auf. Wir haben hier vor einigen Jahren zum Beispiel über seine Nebenrolle in die „Die Sch’tis in Paris“ berichtet. In den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren war Richard einer der größten Stars des französischen Films. Komödien wie „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ waren in ganz Europa extrem erfolgreich.
In drei Filmen bildete Pierre Richard ein Duo mit einem weiteren großen Star des französischen Films. Die Titel dieser Filme lauten „Der Hornochse und sein Zugpferd“ (auch bekannt als „Ein Tollpatsch kommt selten allein“), „Zwei irre Spaßvögel“ und „Die Flüchtigen“ (auch bekannt als „Zwei irre Typen auf der Flucht“). Im ersten dieser drei Filme, „Der Hornochse und sein Zugpferd“ von 1981, gibt es eine Szene in der Pierre Richard in Treibsand gerät und mit seinem Filmpartner seelenruhig einen Dialog darüber führt, ob es an der Stelle überhaupt Treibsand gibt oder nicht und währenddessen langsam immer weiter im Boden versinkt.
Der erwähnte FilmpPartner in dieser Szene war Gérard Depardieu, der in den ersten vier Realverfilmungen, in denen Pierre Richard nicht mitgewirkt hat, den Obelix dargestellt hat und wenn die geneigten Leser*innen den Gag selbst nach dieser langen Erklärung noch immer nicht witzig finden kann ich das absolut nachvollziehen. Auch ich habe weniger über den Gag selbst schmunzeln müssen, sondern darüber, dass dieser Gag nur für alte Männer funktioniert, die sich als Kinder alles, aber auch wirklich alles Mögliche im Kino und im Fernsehen angesehen haben und sich auch noch Jahrzehnte später daran erinnern können.
Ente gut, alles gut
Ich könnte noch weiter über Pierre Richards oder Gérard Depardieu oder beider Karrieren schreiben (nicht nur von „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ existiert ein amerikanisches Remake, sondern auch von jedem einzelnen der drei gemeinsamen Filme der beiden Franzosen), aber irgendwann sollte ich auch mal wieder ein paar Worte über „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ verlieren. Der Regisseur, Co-Autor und Darsteller des Asterix Guillaume Canet ist bei uns noch recht unbekannt. Als junger Mann hatte er eine Nebenrolle in „The Beach“. Als Regisseur inszenierte er u.a. den Thriller „Kein Sterbenswort“, der in Frankreich mit vier Césars ausgezeichnet wurde, in Deutschland aber nie im Kino lief.
Als Drehbuchautor arbeitet Canet zusammen mit dem eingespielten Team Philippe Mechele und Julien Hervé sehr vorhersehbar. Der Film basiert nicht auf einem der alten Comics. Trotzdem folgt nicht nur die Handlung den altbekannten Mustern (siehe oben). Auch der Humor basiert auf vertrauten Motiven: Obelix will nicht dick genannt werden, die Helden verlieben sich recht pubertär in schöne Frauen und wenn gar nichts mehr geht, werden eben Römer verprügelt. Auch der sanfte Sexismus und achtlose Rassismus der alten Comichefte ist immer wieder für ein paar Scherzchen gut. Darüber können Kinder lachen. Ob sie es tun sollten, ist eine andere Frage.
Als Regisseur lässt Guillaume Canet die Darsteller dabei abfilmen wie sie in Kulissen agieren, die in jeder Sekunde des Films einfach nur wie Kulissen aussehen. So weit so uninspiriert. Als Regisseur braucht man ein „filmisches“ Auge, einen cinematographischen Blick. Für Canets Auge und Blick möchte ich nochmal ein kleines Beispiel liefern. Canet ist vielleicht 175 bis 180 cm groß und hat sich selbst als Asterix besetzt (dazu später mehr). Den Obelix spielt sein alter Weggefährte Gilles Lellouche, der sicher nicht dick und vielleicht, aber nur vielleicht einen halben bis einen ganzen Zentimeter größer als Canet ist.
Asterix und Obelix werden also von zwei ungefähr gleich großen und ähnlich gebauten Darstellern gespielt. Damit aber nicht genug. Bereits in der ersten Szene marschieren die beiden nebeneinander einen unebenen Weg hinab. Und der Regisseur Canet ist nicht auf die Idee gekommen, den Schauspieler Canet (also sich selbst) bergab und damit tiefer als den gleichgroßen Lellouche zu platzieren. Er hatte wohl während der Dreharbeiten und auch beim Betrachten des Materials weder das Auge noch den Blick, zu erkennen, dass in seinem Film Obelix bereits in der ersten Szene von Asterix leicht überragt wird.
Und so pendelt sich Canets Arbeit mit Schauspielern auch zwischen vorhersehbar und ungeschickt ein. Er selbst vermittelt in der Hauptrolle niemals das Schlaue, Gewitzte und Gelassene das man von Asterix erwarten würde.
Gilles Lellouche hat unter Canets Regie bereits in „Kein Sterbenswort“ mitgespielt, Canet dafür unter Lellouches Regie in „Ein Becken voller Männer“. Die beiden sollten also miteinander vertraut sein. Die tiefe Freundschaft zwischen Asterix und Obelix können sie uns aber kaum vermitteln. Lellouche trägt eine ausgestopfte Hose, die er ständig hochziehen muss und liefert eine bemühte Imitation von Gérard Depardieu.
Eine der besten französischen Darstellerinnen unserer Zeit spielt Cleopatra als überdrehte Tussi aus Opas Boulevardkomödien. Keine Ahnung, warum Marion Cotillard das mitmacht. Canet liebt doch offensichtlich Meta-Scherze mit der Besetzung. Warum hat man dann nicht wieder Monica Bellucci besetzt, deren majestätische Erotik das Beste an „Asterix & Obelix: Mission Kleopatra“ war und die im realen Leben jahrelang mit Vincent Cassel verheiratet war, der hier den Julius Cäsar gibt? Das Beste, das man über Cassels Darstellung sagen kann, ist noch, dass sie zu der von Marion Cotillard passt.
Die Vietnamesin Linh Dan Pham wurde vor bald dreißig Jahren mit „Indochine“ bekannt. Sie muss zusammen mit der bildhübschen Julie Chen und der überaus agilen Leanna Chea chinesische Klischees darstellen. Jonathan Cohen und Ramzy Beia dürfen nordafrikanische Klischees darstellen. Und José Garcia darf ein schwules Klischee darstellen und besonders in seinem Fall fragt man sich, wozu? Es sagt viel über einen Film aus, wenn Zlatan Ibrahimovic als einziger Name der Besetzungsliste wirklich abliefern kann.
Fazit
Teilweise fehlbesetzte Darsteller*innen spielen uninspiriert nach einem uninspirierten Drehbuch unter noch uninspirierterer Regie altmodische Klischees. Am besten das Geld für die Kinokarte sparen und in alte Asterix-Hefte investieren.