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Kritik: Alles steht Kopf 2

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Manche Fortsetzungen erzählen neue Geschichten oder erzählen bereits bekannte Geschichten aus anderen Blickwinkeln als ihre Vorgänger. Andere Fortsetzungen erzählen Geschichten weiter. Und wieder andere bieten mehr von dem, was wir an den Vorgängern mochten …
 
Do you know how hard it is to stay positive all the time?
 
Riley ist nun dreizehn Jahre alt und damit „offiziell ein Teenager“. Und damit steht ihr auch einiges bevor: neue Freunde, neue Schule, neues Eishockeyteam, die Pubertät und vor allem von ganz neuen, bisher unbekannten Gefühlen gesteuert zu werden. Bisher kannte das arme Kind nämlich weder Zweifel, noch Neid, Peinlichkeit oder Ennui …
 
Ich habe es schon mehrmals geschrieben und bleibe dabei: Pixar ist das künstlerisch erfolgreichste Filmstudio aller Zeiten. Selbst die schwächeren Filme aus diesem Hause sind noch immer besser als das meiste, das in unseren Kinos auf Leinwände projiziert wird. Das gilt auch für Pixars Fortsetzungen. Natürlich hat man uns in „Cars 3: Evolution“ fast die gleiche Story wie in Teil Eins verkauft. Und sicher war „Toy Story 4“ nicht das bahnbrechende Meisterwerk, das Teil Eins war. Aber diese Filme haben trotzdem die ganze Familie bestens unterhalten.
 
 
Das sehen aber nicht alle Kritiker so. Manche meiner Kolleg*innen links und rechts des Atlantiks können nicht erkennen, dass bei Pixar die Fallhöhe so hoch ist, weil das Studio mit seinem qualitativ hochwertigen Output selbst dafür gesorgt hat. Ja, teilweise drängt sich die Frage auf, ob es jede Fortsetzung auch gebraucht hätte. Und auch hier springe ich für das Studio mit der Lampe in die Bresche (und das obwohl die Lampe immer so fies zum „I“ ist). Sicher, Pixar liefert viele Fortsetzungen. Aber die Fortsetzungen sehen immer ein bisschen anders aus, als wir es erwarten.
 
In „Cars 3: Evolution“ gewinnt nicht Lightning McQueen das Rennen. Und zwar weil es viel wichtiger ist, etwas weiterzugeben als nochmal erfolgreich zu sein. In „Toy Story 4“ trifft Woody am Ende des Films eine Entscheidung, über die sich Kritiker und Fans mokiert haben. Aber diese Leute haben nie verstanden, dass die Spielzeuge in „Toy Story“ eine Analogie für Eltern darstellen. Und jede Verantwortung kann geteilt und irgendwann auch mal abgegeben werden. In Abwandlung eines berühmten Zitats: Pixar gibt dem Publikum die Fortsetzungen, die es verdient, aber nicht die, die es gerade braucht.
 
Wenn ich etwas an der Fortsetzung zu „Alles steht Kopf“ zu bemängeln habe, dann ist es wohl der für Pixar ungewohnt geringe Mut der beiden Autor*innen Meg LeFauve und Dave Holstein mit ihrer Geschichte neue Wege zu beschreiten. Ja, es gibt neue Gefühle: Zweifel, Neid, Peinlichkeit und Ennui. Letzteres ist übrigens laut Lexikon eine von Lustlosigkeit und Melancholie geprägte Gefühlslage verursacht durch Langeweile und Interesselosigkeit aber auch durch Missmut, Unzufriedenheit oder Widerwille (als Vater von zwei Töchtern kann ich übrigens aus eigener schmerzhafter Erfahrung versichern: „Ennui“ ist das default-setting aller Teenager).
 
01 ©2024 Disney02 ©2024 Disney03 ©2024 Disney07 ©2024 Disney Pixar
 
Now let’s change everything about you!
 
Aber vor allem die ersten zwei Drittel des Films bieten wieder einige witzige Ideen. Das Konzept des ersten Teils war natürlich großartig und originell und hat uns nachvollziehbar gezeigt, wie ein Kind eine Depression entwickeln kann. Aber auch in Teil Zwei bekommen wir eindrucksvoll vermittelt, wie Pubertät funktioniert und was während der Neuverdrahtung der Synapsen abläuft (als Vater von zwei Töchtern kann ich übrigens wiederum aus eigener schmerzhafter Erfahrung versichern: es bringt überhaupt nichts, zu wissen, wie Pubertät funktioniert und was währenddessen abläuft. Pubertät ist immer furchtbar. Vor allem für die Eltern!).
 
Aber nicht nur die Mechanismen der Pubertät werden vermittelt. Aufmerksame Filmfans werden sehen, wie leicht eine Sporttrainerin die Freude vom Kommandopult vertreiben und wie leicht diese durch Zweifel ersetzt werden kann. Tatsächlich lernen wir in diesem Film wieder eine ganze Menge. Und wenn wir am Ende vielleicht das Gefühl haben, nicht ganz so viel Neues wie in Teil eins gesehen zu haben, so hat eben der überragende Vorgänger für die Fallhöhe gesorgt.
 
Auch der Rest des Films ist wieder, wie von Pixar gewohnt, extrem hochwertig. Die Animation mancher Szenen außerhalb von Rileys Kopf wirkt schon fast zu realistisch. Man sieht einige der besten Eishockeyszenen seit „Schlappschuss“ mit Paul Newman. Die Welt innerhalb von Rileys Kopf ist sogar noch bunter und reichhaltiger geworden. Und wenn diese beiden Welten interagieren, wie z.B. bei einem ersten Erwachen Rileys nach Einsetzen der Pubertät, kann einen dieser neue Film emotional genauso mitreißen wie Teil Eins.
 
Zwei der Originalstimmen aus Teil Eins wurden ersetzt, weil man sich mit Mindy Kaling und Bill Hader nicht über die Gage einigen konnte. Aber auch Liza Lapira und Tony Hale machen einen hervorragenden Job und ergänzen das Stammteam rund um Amy Poehler, Phyllis Smith und Lewis Black ganz wunderbar. Maya Hawke (jawohl, das ist die Tochter vonUMa Thurman und Ethan Hawke), Ayo Edebiri, Paul Walter Hauser und vor allem Adèle Exarchopoulos in den Rollen der neuen Emotionen sind der Grund, warum man sich den Film wenn möglich in der englischen Originalversion ansehen sollte. Aber auch die deutsche Synchronfassung braucht den Vergleich nicht zu scheuen. Hier lässt vor allem die Comedienne Tahnee in der Rolle der von Riley verehrten Eishockeyspielerin Val von sich hören.
 
Fazit
 
„Alles steht Kopf 2“ erzählt vielleicht keine völlig neue Geschichte. Aber der Film erzählt sie wenigstens teilweise aus einem anderen Blickwinkel als der Vorgänger. Und er erzählt die Geschichte weiter und bietet so mehr von dem, was wir an Teil Eins mochten. Weil das alles wieder auf höchstem Niveau geschieht, ist der neue Film ein würdiger Nachfolger.
 
 
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