*** Alpha ***

 
alpha kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Viele Filme haben schon Geschichten von Freundschaften zwischen Hund und Mensch erzählt. Aber „Alpha“ erzählt die allererste Geschichte dieser Art.
 
Europa vor 20.000 Jahren
 
Keda (Kodi Smit-McPhee) darf zum ersten Mal mit den erfahrenen Jägern seines Stammes auf die Jagd gehen. Nach einem Angriff eines wilden Bisons muss Tau, Kedas Vater und gleichzeitig der Anführer des Stammes, davon ausgehen, dass sein Sohn tot ist. Aber Keda hat überlebt und muss sich nun verletzt und alleine auf den langen Weg zurück zu seinem Dorf machen. Als er von einem Rudel Wölfe angegriffen wird, kann er eines der Tiere verletzen. Aber statt ihm den Todesstoß zu versetzen, pflegt er den verletzten Wolf gesund. Während ihrer beider Genesung gewöhnen sich Wolf und Mensch aneinander. Auf ihrer langen Reise lernen Alpha und Keda zusammen zu jagen und aufeinander aufzupassen ...
 
Noch vor der Einführung des Ackerbaus und vor der Erfindung des Rades haben Menschen Wölfe domestiziert. Nach dem Beherrschen des Feuers, der Bearbeitung des Feuersteins und der Höhlenmalerei war das eine der ersten zivilisatorischen Leistungen der Menschen in der Steinzeit. Albert Hughes hat im Team mit seinem Bruder u.a. „The Book of Eli“ und „From Hell“ inszeniert. Für seine erste Regiearbeit ohne seinen Bruder hat er sich also eine ganz besondere Geschichte ausgesucht.
 
 
Darin lässt Hughes die Steinzeitmenschen in einer erfundenen vorgeschichtlichen Sprache sprechen. Jeder Filmfan muss selbst entscheiden, ob das nötig war. Jean-Jaques Annaud wendete für sein Frühwerk „Am Anfang war das Feuer“ einen ähnlichen Kunstgriff an. Und an diesen Film erinnern sich heute nur noch wenige Filmkenner. Von „Caveman“ mit Ringo Starr ganz zu schweigen …
 
Auf der Jagd
 
Am Beginn von „Alpha“ sehen wir die steinzeitliche Jagdgesellschaft auf der Lauer liegen. Eine witzige aber intelligente kleine Szene zeigt uns, wie wichtig den Menschen dieser Zeit die Proteinzufuhr war. Die Jagdszenen hinterlassen beim Betrachter keinen allzu großen Eindruck. Die gezeigten Spezialeffekte sind von guter, aber nicht hervorragender Qualität. Und man muss kein Paläanthropologe sein, um zu erkennen, dass die hier gezeigte Jagdtechnik bei keiner Tierart (ausgestorben oder nicht) funktioniert haben kann.
 
In einer Rückblende zeigt uns Regisseur Hughes dann einige recht stimmungsvolle Szenen des Zusammenlebens der Steinzeitmenschen. Diese sind recht ansprechend und sehr berührend gestaltet. Und so wirkt der Schmerz noch stärker, den der Vater wegen des Verlustes seines Sohnes spürt. Der Eindruck von Kedas Überlebenskampf vor dem Zusammentreffen mit Alpha wird wieder von einigen Kleinigkeiten getrübt, die keinen rechten Sinn ergeben.
 
Der Hund blieb mir im Sturme treu, …
 
Diese Kleinigkeiten sind aber schnell vergessen, sobald Keda und Alpha einander begegnen. Es gibt Filme, die man sich wegen der Gewaltdarstellungen darin nicht zusammen mit Kindern oder anderen zartbesaiteten Gemütern ansehen darf. Andere Filme sollte man wegen der Sexszenen nicht zusammen mit Kindern anschauen. Dieser Film aber sollte aus ganz anderen Gründen nur von Erwachsenen gesehen werden. Wer seine Kinder nämlich in eine Vorstellung von „Alpha“ mitnimmt, darf sich anschließend nicht wundern, wenn die Bälger erst wieder zu quengeln aufhören, wenn man einen Wolfshund daheim auf dem Sofa liegen hat.
 
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Ernsthaft; Filmfans, die sich demnächst einen der tschechischen Wolfshunde besorgen müssen, die in diesem Film die Wölfe spielen, werden sich dann vielleicht daran erinnern, wie wir von cinepreview.de sie als erste und einzige gewarnt haben. Aber dann wird es zu spät sein. Sie werden Monat für Monat hunderte von Euro für Hundefutter ausgeben müssen, weil die Viecher wirklich groß werden. Und ins Kino werden die armen Leute dann auch nicht mehr gehen können. Wie denn, mit einem Wolfshund der dauernd Zuwendung braucht?
 
Die Szenen in denen Wolf/Hund und Mensch lernen müssen miteinander auszukommen, sind nämlich großartig gemacht. Und dabei sind sie sogar hundepädagogisch halbwegs korrekt gestaltet. Der Wolf wird zunächst immer noch als wildes Tier und trotzdem als soziales Wesen gezeigt, ganz so wie es diesen Tieren entspricht. Das lässt die allmählichen Annäherungen umso wertvoller erscheinen. Wenn Alpha zum ersten Mal ein Wildschwein ganz selbstverständlich auf seinen Menschen zutreibt, wird ganz ohne Dialog viel ausgesagt. Wenn der Wolf wieder auf sein altes Rudel trifft, haben wir Alpha emotional längst adoptiert. Und als der Wolf seinen Menschen dann gegen eine gefährliche Bestie verteidigt, sind wir längst Teil des Rudels geworden.
 
… der Mensch nicht mal im Winde
 
Kodi Smit-McPhee kennt man vielleicht als „Nightcrawler“ aus dem letzten „X-Men“-Film. Hier spielt er den jungen Keda mit jugendlichem Staunen und einer Intelligenz, die – buchstäblich – seiner Zeit weit voraus ist. In den Szenen gegen Ende des Films hätte er etwas entschlossener und härter wirken müssen. Dann würde seine Entwicklung auch etwas glaubwürdiger und nachvollziehbarer wirken. Aber im Großen und Ganzen macht der junge Mann seinen Job nicht schlecht.
 
Eine kleine Überraschung beschert uns der weitgehend unbekannte isländische Schauspieler Jóhannes Haukur Jóhannesson.In seiner Darstellung wird der Vater und Anführer mit dem Namen „Tau“ zu einem echten Menschen. Wir können sowohl seine Härte gegenüber seinem Sohn nachvollziehen, wie wir auch seinen Verlust spüren. In einer Rolle, die nur wenig Möglichkeiten bietet, sehen wir eine ausgeglichene darstellerische Leistung.
 
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Laut Besetzungsliste wurde der Wolf „Alpha“ von dem tschechischen Wolfshund „Chuck“ gespielt (müsste der dann nicht „Karel“ heißen?). Ich meine, im Film mindestens drei verschiedene Hunde in der Rolle erkannt zu haben. So oder so leistet der Hund/leisten die Hunde Erstaunliches. Gut dressierte Hunde wirken im Film oft nicht besonders „böse“. Chuck (oder seine Kollegen) sieht in einigen Szenen so gefährlich aus, dass es kein Wunder wäre, wenn Smit-McPhee während der Dreharbeiten manche Szene aus Angst geschmissen hätte. Im weiteren Verlauf der Handlung entwickelt Chuck dann selbst für einen Hund einen unbändigen Charme und stiehlt seinem menschlichen Nebendarsteller regelmäßig die Show. Unrealistisch wirkt „Alpha“ nur manchmal, wenn er nicht von Chuck gespielt, sondern vom Computer generiert wurde. In zwei oder drei Szenen gegen Ende des Films wirken die Effekte leider nicht besonders überzeugend. 
 
Fazit
 
„Alpha“ ist ein ganz besonderer Film, über eine ganz besondere Geschichte. Kleinere Mängel tun dem Gesamtwerk nur wenig Abbruch. ACHTUNG: Die Gefahr von spontanen Hundeadoptionen nach dem Kinobesuch ist nicht auszuschließen!
 
 
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