Aber der Autorin Kelly Marcel fallen nicht nur keine Gags ein. Und sie hat nicht nur keine Ahnung, wie man eine echte Handlung konstruiert. Sie hat überhaupt keine eigenen Einfälle. Ich halte „Solo für 2“ und „Little Shop of Horrors“ auch für echte Klassiker, die nach über dreißig Jahren durchaus noch Beachtung verdienen. Trotzdem kann ich es nicht gut finden, wenn ganze Szenen daraus gestohlen und neu verfilmt werden.
Das Drehbuch bedient sich nicht nur bei einzelnen alten Filmen, sondern bei der Gesamtheit der Filmgeschichte, wenn es uns eine Revue der lächerlichsten Filmklischees bietet. Da haben wir die Ex, die den Helden unbedingt persönlich über ihre Heiratspläne unterrichten muss. Da gibt es Spuren und Hinweise, die niemand ernst nehmen kann. Hier löst man Fälle anhand eines nach fünfundzwanzig Jahren immer noch leserlichen Herzens samt Initialen in einem Baum und anhand eines Bildschirms, der nach einer verheerenden Explosion immer noch die wesentliche Information anzeigt. Es gibt einen Polizisten der seit fünfundzwanzig Jahren bei allen wichtigen Fällen dabei war. Und wir haben sogar eine Trauung die genau dann unterbrochen wird, wenn der Priester nach Einwänden fragt.
And resentment rides high but emotions won't grow
Inszeniert wurde dieses bisschen Handlung garniert mit Klischees von Andy Serkis. Serkis ist sicher ein großartiger Darsteller, … wenn er in einem Motion-Capture-Anzug steckt. Ernsthaft, der Mann war Gollum, King Kong, Snoke in zwei der neueren „Star Wars“-Filmen, er war Caesar in der neueren „Planet der Affen“-Trilogie und er war Kapitän Haddock in „Tim und Struppi“ und was für ein Tier war er noch in „Mogli: Legende des Dschungels“? Ist ja auch egal. Wenn Serkis keine computergenerierte Figuren darstellt, ist er ein passabler Schauspieler. Und bestenfalls passabel ist er auch als Regisseur.
Serkis Inszenierung zeigt einfach keine echten Ideen. Dialogszenen wirken bei ihm immer künstlich und gestelzt. Actionszenen fallen immer genauso aus, wie man sie buchstäblich schon Hunderte Male gesehen hat. Ich könnte nun alle Filme aufzählen, an die mich der Endkampf dieses Films erinnert hat, aber unsere Serverkapazität ist irgendwo begrenzt.
Aber Serkis hat nicht bloß keine eigenen Ideen, er kann auch die schlechten Ideen anderer nicht erkennen. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft in diesem Film Personen gerade zufällig an einem Fernsehgerät vorbeikommen, wenn dort in den Nachrichten für sie wichtige Informationen zu hören und zu sehen sind. Für so etwas ist zunächst einmal das faule, einfallslose Drehbuch verantwortlich. Aber es ist die Entscheidung des Regisseurs, solche Fehler nicht zu korrigieren.
Love, love will tear us apart again
Wie Serkis mit seinen Darsteller*innen gearbeitet hat oder ob überhaupt, ist schwer zu sagen. Sie alle haben oft genug ihre Kompetenz unter Beweis gestellt. In „Venom: Let There Be Carnage” wird keiner von ihnen gefordert. Tom Hardy muss wieder viel schwitzen und kleidet sich teilweise wie Eddie Murphy in „Beverly Hills Cop“. Warum, ist schwer zu sagen.
Michelle Williams ist seit „Brokeback Mountain“ bekannt und seit „My Week with Marilyn“ ein Star. Hier hat sie einige wenige Szenen als wandelndes Klischee, die jede andere Darstellerin in Hollywood wohl genauso gespielt hätte.
Naomie Harris war großartig in „28 Days Later“ und wenn die Macher der Bond-Filme nicht zu dumm dafür sind, geben sie ihrer „Moneypenny“ demnächst die Doppel-Null-Nummer und lassen Harris die Serie übernehmen. In „Venom: Let There Be Carnage“ spielt sie eine … pfh … keine Ahnung, … Mutantin? Tut mir leid, aber das Drehbuch nimmt sich nicht die Zeit zu erklären, was und wer ihre Figur ist, abgesehen davon, dass sie mit Woody Harrelson zusammen in einem Heim für schwererziehbare Jugendliche war als sie zwanzig Jahre alt war und er fünfunddreißig.
Woody Harrelson spielt eine Rolle, wie er sie bereits Dutzende Male gespielt hat und jedes Mal besser. Dieses Mal ist er ungefähr Zwanzig Jahre zu alt für die Rolle und trägt ein Toupet, das gar nicht schlecht sitzt, aber irgendwie trotzdem lächerlich aussieht ohne witzig zu sein und Harrelsons Alter sogar noch unterstreicht.