Whitney. Can I be me ist ein Versuch die Person hinter dem Weltstar zu dokumentieren und einen privaten Einblick in ihre Gefühlswelt zu geben. Dazu werden viele bisher unveröffentlichte Privataufnahmen bemüht.
Eine klassische Karriere im Scheinwerferlicht
Diese Dokumentation versucht alle wichtigen Stationen der Sängerin zu beleuchten und lässt dabei auch verschiedene Weggefährten zu Wort kommen. Neben Interviewmaterial sind das vor allem die Gespräche mit ihrem ehemaligen Bodyguard auf der Welttournee 1999, der sich wohl an Kevin Costner ein Beispiel genommen hat und an die Fürsorglichkeit heranreicht, die den Film Bodyguard 1992 so erfolgreich machte. Doch anders als im Kino konnte er die Sängerin nicht vor ihren eigenen Dämonen retten.
Interessant ist auch die von Anfeindungen geprägte Beziehung zwischen der Jugendfreundin Robyn, die lange Jahre Whitneys Managerin war und ihren Mann Bobby Brown, der selbst ein sehr expressiver Künstler ist. Die Dokumentation traut sich nicht, zu eindeutig Stellung zu beziehen und Robyn kommt leider nur ein einziges Mal selbst zu Wort, doch es gibt einige Andeutungen dass sie der Abwärtsspirale Whitneys wenigstens etwas Parole bieten konnte. Ihr überraschender Abgang nach der Welttournee 1999, wird dementsprechend auch als Wendepunkt in dem Leben von Whitney Houston bezeichnet.
Ob die immer wieder angesprochenen angeblichen lesbischen Tendenzen zwischen Robyn und Whitney zu der harten Trennung geführt haben, oder einfach nur eine Kombination aus Ermüdungserscheinungen und dem Einwirken ihres eifersüchtigen Mannes, wird wohl nie abschließend geklärt werden. Traurig jedenfalls ist zu sehen, wie sehr Eltern-Kind-Beziehungen das Leben eines Menschen prägen. Während Whitneys Eltern sie sicher in vielerlei Hinsicht unter Druck gesetzt haben, verliert auch Whitney Houston langsam immer mehr den Bezug zu ihrer eigenen Tochter, die ihre Mutter dann nur um wenige Jahre überlebt.
Die harte Realität des Showbusiness
Trotz all der bunten Lichter, großen Shows und goldenen Preise sollte mittlerweile bekannt sein, dass das Showbusiness ein hartes Pflaster ist. Dort werden Selbstzweifel, Sorgen und Krankheiten einfach weg gelächelt und im schlimmsten Fall hilft man auch mit Drogen nach. Die auftretenden Stars sind strahlende Aushängeschilder ihrer eigens kreierten Marke und daran verdienen natürlich immer viele andere mit. Doch die gewinnorientierten Veranstalter und Agenturen, Manager und Plattenfirmen sind nicht das größte Problem.
Auch in dieser Dokumentation wird wieder sichtbar, wie zerstörerisch vor allem die freiwillige Selbstausbeutung des jeweiligen Künstlers auf die Dauer wird. Warum macht jemand immer noch weiter, wenn die Grenze der Leistungsfähigkeit längst erreicht ist? Es geht darum, andere Menschen nicht zu enttäuschen, die vielen Fans die hohe Erwartungen in einen setzen, die vielen Angestellten, Familie und Freunde, die oftmals von einem abhängig sind. Es geht auch darum, sich selbst nicht zu enttäuschen.
Jeder der in diesem harten Business Erfolg hat, besitzt den Willen die eigene Leistung stetig zu steigern und immer besser und erfolgreicher zu werden. Da gerät man schnell in einem Zustand ständiger Selbstverleugnung und versucht mit Drogen diese perfekte Verfassung so lange wie möglich zu erhalten. Es ist also der ständige Zwang sich selbst als Produkt zu vermarkten und zu optimieren, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, der den stets fehlbaren und zweifelnden Menschen hinter dem Medienkonstrukt zurücktreten lässt und dadurch verkümmert.
Mittelmäßigkeit als Maß der Dinge
Ein Problem dieser Dokumentationen, wie auch schon bei Amy Winehouse, ist die Grenzlinie zwischen Voyeurismus und Erkenntnisgewinn. Das Hauptinteresse der Produzenten und Rezipienten scheint vielfach nicht in einer lückenlosen und schematischen Aufklärung der Lebensumstände zu liegen, sondern mehr ein emotionales Kaleidoskop der Person zu zeichnen. Damit füttert man natürlich auch den Voyeurismus in unserer Gesellschaft, der überhaupt erst zu dem gefährlichen Teufelskreis geführt hat, dem diese Stars verfallen sind.
Viele sehr private Filmmitschnitte werden nahezu unkommentiert aneinander gereiht und zeigen vor allem eines: Stars sind im Grunde Menschen, die sich durch großes Talent auf einem Gebiet ihre eigene Mittelmäßigkeit in allen anderen Belangen oftmals nicht eingestehen können. Es scheint als läge der Schlüssel zu einem erfüllten Leben demnach in einer gesunden Einstellung zum eigenen Scheitern. Dieses Recht auf Mittelmäßigkeit wird einem im Showbusiness jedoch ganz schnell abtrainiert und durch einen unbedingten Willen zum Perfektionismus ersetzt.
Fazit
Die Person Whitney Houston wird hier um ein paar Facetten erweitert und das Showbusiness mal wieder als Maschine entlarvt. Nur kann auch dieser Film leider an der Vergangenheit nichts ändern.