Dieser Film erzählt die Geschichte eines Teenagers, der durch eigene Dummheit fast ums Leben kommt, aber gerettet wird weil seine Mama den lieben Gott persönlich kennt. Kein Wunder, dass der Herrgott keine Zeit hat, sich um wirklich wichtige Dinge zu kümmern …
Nach einer wahren Begebenheit
John geht auf eine christliche High-School in St. Louis. Seine christlichen Adoptiveltern Joyce und Brian lieben und vergöttern ihn. Die Mutter sagt zu ihrem Sohn Dinge wie „Das Leben hat einen Sinn und ich hab Dich lieb“, was John verständlicherweise nervt. John ist gut im Sport, ein bisschen zickig und undankbar und auch noch ziemlich doof. Alles in allem ist er also ein typischer Teenager. Eines Tages haben er und seine Freunde die coole Idee, auf dem Eis eines nicht besonders gut zugefrorenen Sees herumzutoben.
Alle drei Burschen brechen im Eis ein. Zwei können schnell gerettet werden aber John wird erst nach langer Suche unter Wasser gefunden. Im Krankenhaus will man ihn bereits aufgeben, weil er seit 45 Minuten keinen Puls mehr hat. Aber seine Mutter will das nicht akzeptieren und ruft ihren alten Freund, den lieben Gott zur Hilfe …
Christliche Dramen sind in den USA mittlerweile ein eigenes Filmgenre. Und noch dazu ein recht erfolgreiches. Die meisten dieser Filme kommen hier in Europa nie in die Kinos. Und wenn doch, hinterlassen Filme wie „Die Hütte“ oder „Genauso anders wie ich“ bei uns keinen bleibenden Eindruck. Ähnlich wie christliche Rockmusik einfach keine echte Rockmusik ist oder wie christlichsoziale Politik keine wirklich soziale Politik ist, so sind auch christliche Filme für Leute die sich keinen Fisch hinten aufs Auto kleben einfach keine richtigen Filme.
Denn auch wenn diese Filme meistens „based on a true story“ sind, muss man doch festhalten: Wenn eine Geschichte nur durch göttliches Eingreifen funktioniert, ist das einfach ganz mieses Storytelling. Stellen wir uns mal vor, Drehbuchautoren würden auch in anderen Filmgenres so vorgehen. Würde der Held eines Actionsfilms in eine ausweglose Situation geraten und dem Drehbuchautor fiele nichts Besseres ein, als den lieben Gott eingreifen und ihn retten zu lassen, wäre das doch kein bisschen spannend. Und für einen Krimi, in dem sich der Ermittler hinsetzt, betet und dann vom Herrgott den Namen des Täters eingeflüstert bekommt, würde sich doch auch niemand eine Kinokarte kaufen.
Aber lassen wir die Faulheit von Autoren, die alles vom lieben Gott richten lassen, einfach mal beiseite. Auch der Rest des Drehbuchs von Grant Nieporte („Sieben Leben“) ist furchtbar. Die Mutter ist eine schreckliche Person. Sie ist eine strenggläubige, selbstgefällige Helikoptermutter, die alles und jeden sofort verurteilt. Am Ende des Films haben wir nicht das Gefühl diese Frau könnte irgendwas aus der Geschichte gelernt haben. Sie war zu Anfang des Films bereits der Meinung mit Jesus auf Du-und-Du zu stehen und am Ende hat sie auch noch den Beweis dafür bekommen.
Die selbstgerechte Art, wie Joyce ihre Religion lebt, wird nie wirklich in Frage gestellt. Dialogstellen wie „Wenn ich nicht gewesen wäre, würde er überhaupt nicht mehr leben.“ unterstreichen das nur noch. Die Dialoge sind ohnehin der anstrengendste Teil dieses schwerzugänglichen Films. Selten hat man so viele Klischees in einem Film gehört. „Mein John ist ein Kämpfer und er gibt nicht auf.“ Verzeihung, aber dieser John wurde im Alter von Neun Monaten adoptiert und hat in den Vierzehn Jahren seither noch nie für irgendwas „kämpfen“ müssen. Tatsächlich ist er am Anfang des Films ein ziemlich verzogener Bengel.
Der Feuerwehrmann flüstert während der Suche im See, „Komm schon John, sei da!“. Der Sanitäter, der John reanimiert erklärt, „Ich werde nicht aufhören!“. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, wie oft der Arzt erklärt, dass noch niemand in Johns Lage je überlebt hat. Der heldenhafte Feuerwehrmann meint, er habe nur seinen Job gemacht. Am Ende, nach einer Szene mit der jeder halbwegs vernünftige Drehbuchautor den Film beendet hätte, geht es noch minutenlang weiter. In der Kirche wird dann noch eine Art Talkshow abgehalten, damit John noch ewig über die Kraft der Liebe salbadern kann.
Christliche Leere
Regisseurin Roxann Dawson schafft es nicht die Geschichte ihres ersten Kinofilms mit Bildern zu erzählen. Alles wird im Dialog erklärt (oder eher: gepredigt). Von einem Herzstillstand der Mutter erfahren wir durch den Dialog. Klassenkameraden erklären, sie hätten eine Facebook-Seite erstellt. Der Vater spricht davon, den Anblick des Sohns auf der Intensivstation nicht ertragen zu können. All das hätte man uns auch zeigen können. Stattdessen bekommen wir alles nur erzählt.
Die paar Bilder die Regisseurin Dawson uns zeigt, sind natürlich auch bloß Klischees. Der Film beginnt mit Bildern der amerikanischen Flagge, der Feuerwehrleute die ihre Schicht beginnen, Schülern die den Treueid schwören, … Später soll plötzlicher Schneefall im Januar ein Zeichen Gottes darstellen. Eine Nachtwache mit Kerzen und Gesang wirkt wie aus dem Lehrbuch „Christliches Filmemachen für Anfänger“. Man kann einen Film visuell nicht mehr viel langweiliger gestalten.
Gemeindemitglieder
Chrissy Mentz („This is us“) spielt tapfer eine von sich und ihrem Glauben zutiefst überzeugte Person. Diese Figur kennt keine Zwischentöne, nur schwarz oder weiß. An dieser Rolle gibt es für die Darstellerin nichts zu „gestalten“, diesen Part kann man nur „abliefern“. Und genau das macht Mentz.
Die Rolle des Ehemanns und Vaters wurde im Drehbuch bloß in Grundzügen festgehalten und gibt Josh Lucas („Poseidon“) nichts zu tun. Auch der der junge Marcel Ruiz bleibt als John uninteressant.
Entweder spielt Topher Grace die Rolle des Pastors als Parodie oder er kann wirklich nicht anders. Der Geistliche in diesem Film ist eine ältere Version seiner Figur aus „Die wilden Siebziger“. Der Rest der Besetzung darf den Hauptdarstellern bloß die Stichworte für langweilige Dialoge liefern.
Fazit
Wer schon immer wissen wollte, wie es sich anfühlen muss, wenn man knapp zwei Stunden lang immer wieder die DVD-Box von „Ein Engel auf Erden“ auf den Kopf geschlagen bekommt, kann sich „Breakthrough“ gerne ansehen. Alle anderen stecken das Geld für die Kinokarte besser in den nächsten Opferstock.