***Maze Runner 2***

mr2 kritik
 
Autor: Manuel Boecker
 
Filme konfus im inhaltlichen Niemandsland ausdampfen zu lassen, hat bei den heute üblichen Mehrteilern mittlerweile fast schon Tradition. Bei „Maze Runner 1 – Die Auserwählten im Labyrinth“ bettelten die Macher der „Jump and Run“-Jugendfantasie am Ende besonders schamlos mit kryptischen Andeutungen um den Kauf der Kinokarte für den zweiten Teil.
 
Endgültige Aufklärung über die Hintergründe der Geschichte von Thomas´ Kampf gegen die konzernähnliche Finstermacht wird jedoch wohl erst der dritte Teil bringen.

 
Das (zu) frühe Drängen auf den dritten Teil
 
Gleich zu Beginn hat Regisseur Wes Ball großen Redebedarf: Die ersten zwanzig Minuten schlagen sich die Protagonisten in „Maze Runner 2“ mit quälenden Erklärdialogen herum – gefühlt doppelt so viel Text wie im gesamten ersten Teil prasselt hier schon auf den Zuschauer ein – ohne dass man nennenswerte Fakten zum Verständnis der Geschichte an die Hand bekommt. Als Thomas sich dann endlich mit seinen Kumpels zur Flucht aus den Mauern des dubiosen „Staatskonzerns“ WCKD entschließt, kann man erlöst aufatmen und sich auf die nächsten eineinhalb Stunden actionreiche Rennerei freuen.
 
„In der Brandwüste“ hat nun deutlich mehr Tempo als der Vorgänger, wirkt in den Actionsequenzen facettenreicher und die ruinösen Endzeit-Stadtkulissen bieten mehr bildgewaltigen Augenschmaus als die ständigen glitschigen Betonwände des Labyrinths. Doch parallel zur Komplett-Amnesie der Figuren, die sich an keine Vorgeschichte erinnern können, wabert auch beim Zuschauer die Frage nach dem Sinn des Ganzen durch den leeren Kopf. Auf jeden Fall schließt „Maze Runner 2 – In der Brandwüste“ inhaltlich nahtlos an den Labyrinth-Teil aus dem letzten Jahr an – soviel sei den Quereinsteigern verraten.
 
Damals wurde ein Haufen versprengter Jungs auf eine Lichtung verbannt, die durch meterdicke Betonwände von einem perfiden Labyrinth getrennt wird. Monatlich spuckt der Fahrstuhl einer dubiosen Übermacht Namens „WCKD“ einen Neuankömmling gedächtnislos in die sich selbst organisierende Jungs-Gemeinschaft, eine entfernte, harmlose Hommage an Goldings „Herr der Fliegen“. Einziger Ausweg und gleichzeitig tödliche Falle ist das umgebene Labyrinth, bewohnt von skorpionartigen biomechanischen Horrorkreaturen, deren Sinn und auch Schöpfer niemals so ganz sichtbar wird. Die Ankunft des Alphamännchens Thomas und später des ersten Mädchens bringt die kleine Runde ordentlich aus dem Ruder, bevor sich eine Schar Auserwählter aufmacht, einen Weg aus dem Freiluftknast zu suchen. Als es am Ende zur Auflösung der Frage nach dem Warum des aufwändigen Procedere kommt, wird es faktentechnisch schwammig und der Zuschauer zum Besuch des nächsten Teils gedrängt.
 
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Flucht, Hitze – und Zombies
 
In „The scorch trials“, sehr frei übersetzt mit „In der Brandwüste“, treibt Hauptfigur Thomas, dem Dylan O´Brien eine natürliche Leader-Präsenz ohne die obligatorischen Muskelberge verleiht, seine kleine Truppe zur Flucht aus den Klauen der Obrigkeit, als er zwielichtigen Menschenversuchen auf die Spur kommt.
 
An seiner Seite brechen Teresa (Kaya Scodelario mit spannendem, inneren Geheimnis), Newt (gespielt von Thomas Brodie-Sangster, dem verliebten Schlagzeug-Jüngelchen aus „Tatsächlich Liebe“), der mutige Minho (Ki Hong Lee) und einige alte und neue Gesichter auf, um sich in den Bergen ein paar legendären Outlaws anzuschließen. Die Erde ist mittlerweile zu einer lebensfeindlichen Hitzelandschaft verkommen, in den bröckelnden Betonruinen vegetieren nur noch vereinzelte Menschen. Die größte Gefahr lauert jedoch auf die Auserwählten in Form von Mutierten, die durch einen mysteriösen Virus infiziert wurden und nun exakt wie klassische Zombies gurgelnd durch die verlassenen Hallen torkeln und der Teenie-Gruppe immer dann auflauern, wenn die Handlung ein wenig an Spannung oder Tempo verliert.
 
Die schnelle, etwas vorhersehbare Dramaturgie, wird so einerseits zu einem starken Adrenalinfaktor des Films, doch die nötigen Ruhe- und Reflexionsmomente am Lagerfeuer versinken dagegen im Dämmerzustand. „In der Brandwüste“ endet mit einem spektakulär inszenierten Überfall auf das Wüsten-Camp der Revoluzzer, bei dem sich weder Gut noch Böse durchsetzen können. Eine wunderbare Patt-Situation, aus der Thomas die Entscheidung fällt, seine Kräfte und Hilfstruppen neu zu mobilisieren. Der dritte Teil birgt dann hoffentlich endlich einen richtigen Schluss...
 
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Nur Action im Juniormodus?
 
Die Jugendbuch-Trilogie „Maze Runner“ steht in der Tradition der dystopischen „Young-Adult“ Filme, die genretechnisch mittlerweile die Vampirwelle zurück in die Gruft geschickt haben. Um die Zuschauerzahlen konkurrieren Filmreihen wie „Die Tribute von Panem“, „Divergent – Die Bestimmung“ oder eben „Maze Runner“.
 
Neben einer zerstörten oder dahin siechenden Umwelt haben alle Streifen eine diktatorisch-grausame Obrigkeit und nach Freiheit und Selbstbestimmung ringende Jugendliche gemein. Mal im gnadenlosen Kampf Mann gegen Mann, mal als heldenhafte Schicksalsgemeinschaft: Stets sind die siegreichen Teenager exzellente Fighter oder listenreiche Trickser und überwinden schließlich die Übermacht der korrupten Elterngeneration. Das Feuilleton tut sich mit einer analytischen Einordnung dieser Filme und der Übertragung auf die existierende Teenager-Generation schwer, mit „Kinder an die Macht“, Herbert Grönemeyers Forderung aus den Achtzigern, lässt sich das Phänomen nicht erklären. Aber sind die humorlosen Endzeit-Kracher nun ein Spiegelbild des konfliktreichen Ringens um jugendliche Selbstbestimmung, eine Kritik am aufgeblasenen Sozialstaat, eine Verherrlichung des kapitalistischen Raubtier-Prinzips oder einfach nur banale Actionware im abgesicherten Juniormodus?
 
Bis zum Erscheinen des dritten Teils von „Maze Runner“ muss man in Ermangelung einer kompletten Geschichte von Letztem ausgehen, denn das aus Serienstaffeln bekannte „Cliffhanger“- Prinzip verhindert bis zum Ende des zweiten Teils einen tieferen Einblick in die kompletten Abläufe. „In der Brandwüste“ liefert perfekte Hochgeschwindigkeits-Bilder zu den Romanen von James Dashner, eine spielwütige und glaubwürdige Jungdarsteller-Riege und eine Menge Zombies aus dem Fertigfachhandel – Tiefgang und befriedigende Dialoge jedoch nicht.