***Kritik: The Gunman***

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Autor: Jonas Sticherling
 
Mit „The Gunmen“ lädt uns Action-Experte Pierre Morel, Regisseur von Action-Krachern wie „96 Hours“ und „The Transporter“, zu der nächsten Achterbahnfahrt ein und präsentiert uns Sean Penn als gealterten Helden auf der Flucht durch Europa.
 
Nach einer mehrjährigen Pause vom Schauspiel, mit Ausnahme zwei kleinerer Rollen in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ und „Gangster Squad“, kehrt Sean Penn auf die Kinoleinwand zurück. So traurig das klingt, aber hätte er es besser gelassen.
 
Ein Film wie „The Gunmen“ ist für einen preisgekrönten Charakterdarsteller wie Penn ein Armutszeugnis, zumal er neben seiner Position als Darsteller auch als Produzent involviert war. Was hier auf die Leinwand gebracht wurde ist nicht weniger als das Sinnbild von allem was in Hollywood falsch zu laufen scheint.
 
Die Handlung im Film ist dabei so vorhersehbar, dass jeder, der schon einmal einen Trailer für einen Actionfilm gesehen hat, ein besseres Drehbuch dafür hätte schreiben könnte.

 
Jim Terrier ist (natürlich wie immer) ein Ex- Special Forces/ Geheimagent oder in diesem Fall (Achtung Originell!) Ex-Söldner, der aber eigentlich ein total lieber Kerl ist und sich um die süßen Kinder in der dritten Welt kümmert, seine Freundin Annie (Jasmine Trinca) liebt und eigentlich überhaupt nicht kämpfen will.
 
Aber durch einen fiesen Schachzug seines Chefs Felix (Javier Bardem), der natürlich auf Jims Freundin abfährt und Jim loswerden will, wird Jim nach dem Auftrag einen kongolesischen Minister umzubringen, von seinen Auftraggebern, einer multinationalen, korrupten Firma, aus dem Land gebracht.
 
Warum sich Jim aus dem Ausland nie bei seiner Freundin zurückmeldet wird nicht erklärt. Nach acht Jahren (wie viele ist eigentlich egal, denn der Film vergisst die Zahl auch bald) wird Jim bei seiner Wohltätigkeitsarbeit im Kongo (die er tut weil er ein schlechtes Gewissen hat, da der Tod des Ministers einen blutigen Bürgerkrieg auslöste) von Rebellen angegriffen. Und  dabei erkennt er, dass seine alten Auftraggeber Jagd auf ihn machen.
 
Verraten von der Firma, für die er einst gearbeitet hat, gilt es nun die Verschwörung aufzudecken und durch alle Länder zu reisen, in die der Regisseur schon immer einmal wollte. So entwickelt sich die Handlung vom Kongo nach England und dann nach Spanien.
 
Natürlich sterben auf dieser Hetzjagd durch Europa, wie nicht anders erwartet, alle Charaktere. Darunter auch Jims fieser Chef Felix, der sich im Laufe der Geschichte nur als Handlanger entpuppt, sowie sein bester Freund. Alle Figuren haben quasi ab dem ersten Auftritt ein „ich werde sterben für die Handlung“ Schild umhängen.
 
Nach einer abschließenden Schießerei und dem obligatorischen Faustkampf mit dem Bösewicht oder Oberschergen übergibt der heroische, selbstlose Jim der Polizei die belastenden Dokumente. Infolge dessen werden die fiesen Machenschaften der Firma aufgedeckt, die im Kampf um die Ressourcen über hunderte von Leichen geht und Jim kommt wieder mit seiner Freundin zusammen, denn zum Glück hat sie ihn immer geliebt.
 
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Wer sich bei dieser Geschichte an jeden Actionfilm der letzten 10 Jahre erinnert fühlt, liegt richtig. Es ist scheinbar zum Standard- Rezept geworden diesen Plot immer wieder in leichten Abwandlungen umzusetzen. Und genau hier liegt die traurige Wahrheit: Nur weil Filme wie „Das Bourne Ultimatum“ und „Mission Impossible“ mit einem ähnlichen Schema Erfolg hatten, heißt es nicht, dass man damit den heiligen Gral des Actionfilme-Machens gefunden hat.
 
Umso trauriger scheint es, dass nun auch Action-Experte Pierre Morel, Regisseur von Krachern wie „96 Hours“ und „The Transporter“, in dieses Konzept abgerutscht ist. Obwohl seine Filme nie das Genre neu definierten, schafften sie es dennoch eine abwechslungsreiche Action, halbwegs originelle Storys und einen interessanten visuellen Look zu erschaffen und waren im Kino sehr erfolgreich.
 
Auf „Ghetto Gangz“ folgte beispielsweise eine ebenfalls sehr solide Fortsetzung und ein amerikanischen Remake. Mit „The Transporter“ explodierte Jason Stathams Karriere und seit „96 Hours“ kann sich der ehemalige Charakterdarsteller Liam Neeson nicht mehr vor Anfragen für Actionfilme retten.
 
Von ebenso einem Regisseur erwartet man dann doch einen Hauch mehr. Man kann jetzt sagen die Action ist solide, aber wenn der Film sonst schon eigentlich nichts zu bieten hat, sollte diese das zumindest kompensieren können, damit man nicht gelangweilt im Kino sitzt.
 
Der Film enthält genau drei(!) Actionpassagen, eine davon nur eine Minute und 30 Sekunden lang. Entweder man entscheidet sich für eine Herangehensweise wie die malaysische Action-Überraschung „The Raid“ und verzichtet fast komplett auf eine Handlung und lässt für knapp 80 Minuten Leute in beeindruckenden Kampfsequenzen wild mit allem was sie finden prügeln, oder man widmet sich der Handlung über die Gier multinationaler Konzerne und bringt eine nachdenkliche Botschaft gehüllt in einen Actionfilm wie in „District 9“. Der Film vergibt hier sein einziges Potenzial.
 
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Der Blick auf die Liste der gecasteten Schauspieler stimmt einen dabei noch trauriger. Die Liste ist mit Sean Penn, Javier Bardem, Idris Elba zwar durchaus ansehnlich, aber deren Performance ist mehr als traurig. Sean Penn hechtet planlos von Szene zu Szene und zwischen seiner enttäuschten Liebesgeschichte, einer angedeuteten Posttraumatischen Belastungsstörung (Hollywoods neue „Lieblingskrankheit“ für alternde Action-Helden) und eines schlimmer werdenden, irreparablen Hirntraumas bleibt kein Platz für überzeugendes Spiel.
 
Einen Javier Bardem sieht man nur in dem ersten Drittel und dort auch nur für wenige Minuten in denen er anscheinend gelangweilt das ihm vom Regisseur zugeworfene Stichwort „Bösewicht“ abarbeitet. Von einem Schauspieler, der die Rolle des Bösewichts sowohl in „James Bond: Skyfall“ und „No country for old men“ perfektionieren konnte, erwartet man mehr. Und Idris Elba als Darsteller zu bewerben ist schon fast Betrug, da dieser in genau einer Szene ins Bild stolpert, einen halbwegs originellen, dennoch stumpfsinnigen Dialog runterredet und dann wieder verschwindet. Als „Cameo-Auftritt“ wäre es vielleicht eine nette (und aufwertende) Überraschung gewesen. So bewirkt es eher das Gegenteil.
 
Zusammenfassend kann man sagen, dass dieser Film von allen Beteiligten die vielleicht schlechteste Arbeit bisher ist. Die Handlung ist abgenutzt, die Action in keiner Weise überzeugend und das Schauspiel unglaubwürdig. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Film langsam den Endpunkt des Klischees „alternder Schauspieler wird Action-Star“ darstellt.
 
Filme wie „3 Days to kill“ mit Kevin Costner haben an dem heimischen und ausländischen Kinokassen bereits eine Schlappe erhalten, und Franchises wie „The Expendables“ und „96 Hours“ finden auch ein Ende und führen hoffentlich dazu, dass dieser Trend aufhört. Zumindest des Geldes Willen. Die Hoffnung, dass Actionfans wieder unterhaltsame, originelle Filme, außerhalb von Marvels Superheldenwelten und Michael Bays Pyrotechnikschlachten, finden stirbt zuletzt. Bei „The Gunmen“ ist diese Hoffnung leider schon tot.