***Asterix im Land der Götter***

aildg kritik
 
Autor: Maximilian Stangl
 
In der aktuellen, von einer gewissen Mutlosigkeit gespeisten Sucht nach Remakes und Reboots gibt es auch immer wieder löbliche Ausnahmen – nämlich dann, wenn es gelingt einem liebgewonnen aber etwas festgefahrenen Universum mit frischen Ideen neues Leben einzuhauchen, ohne den Kerngedanken dem Zeitgeist zu opfern.
 
J.J. Abrams Star Wars Fortsetzung könnte so ein Fall sein und demselben Ziel haben sich auch die Macher des neuen Asterix Films „Im Land der Götter“ verschrieben.
 
Nachdem sich der inzwischen 88 jährige Miterfinder (und seit dem tragischen Tod seines Kollegen René Goscinnys 1977 auch alleinverantwortliche) Albert Uderzo im Jahr 2013 dazu durchringen konnte, die zuletzt stetig an Qualität verlierende Comicvorlage (Stichwort „Aliens“) an ein neues Autoren-Duo (Jean-Yves Ferri und Didier Conrad) zu übergeben, scheint auch im Filmbereich der Zeitpunkt für einen Neuanfang gekommen.
 
 
Eine Rückkehr zu klassisch gezeichnetem 2D hätte angesichts der amerikanischen Konkurrenz aber doch einen ziemlichen Anachronismus dargestellt und so entschied sich das Team rund um das Regie-Duo Louis Clichy (ehemals Pixar) und Alexandre Astier („Asterix bei den Olympischen Spielen“) dazu, eine der besten klassischen Asterix Geschichten („Die Trabantenstadt“ beziehungsweise im Original „Le domaine des dieux“) in modernstem computeranimierten 3D neu zu interpretieren.
 
Der Look des Films ist dann auch seine größte Stärke, was die Macher hier an Details auf die Leinwand zaubern, braucht sich keineswegs vor US-Produktionen zu verstecken. Nicht nur die Charaktere, allen voran die beiden Hauptfiguren und Hündchen Idefix, sprühen vor Charme, auch die Sets und insbesondere die Darstellung von Flora und Fauna sind hervorragend gelungen. Dabei ließen sich die Macher bei STUDIO M6 von dem sagenumwobenen Wald von Brocéliande in der Bretange inspirieren.
 
Ziel war laut eigener Aussage eine Natur, der eben nicht aseptisch wie in einem klassischen Disney-Märchen daherkommt, sondern echt und organisch wirkt - ein guter Kontrast zu der leicht megalomanischen, neben antik-römischer auch an moderne architektonische Grausamkeiten wie das Ceasar‘s Palace Hotel in Las Vegas angelehnten Architektur der Trabantenstadt.
 
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Was den Plot angeht, so orientiert der sich sehr stark an der 1971 erschienenen Vorlage. Wir schreiben das Jahr 50 vor Christus, ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, den Invasoren Widerstand zu leisten. Um den Willen der scheinbar unbesiegbaren Gallier endlich zu brechen (und seinen Legionären eine weitere Tracht Prügel zu ersparen) ersinnt Caesar (Martin Umbach) einen teuflischen Plan. Rund um das Dorf sollen Luxuswohnanlagen für erholungssuchende Römer entstehen und die renitenten Hinterwäldler Schritt für Schritt durch die Annehmlichkeiten der römischen Zivilisation umerzogen werden. Können Asterix (Milan Peschel), Obelix (Charly Hübner) und Miraculix (Thomas Rau) Caesars Pläne durchkreuzen und ihr Dorf vor dem Untergang bewahren?
 
Natürlich ist es unmöglich eine Geschichte eins zu eins in ein anderes Medium zu übertragen und aufgrund der unterschiedlichen Dramaturgien von Comic und Film auch gar nicht angebracht. So bauen die Autoren die Geschichte von Keinbonus, der eine der Wohnungen in einer Tombola gewonnen hat und sie nun mehr oder weniger freiwillig zusammen mit seiner Frau Dulcia und dem kleinen Sohn Apeldjus bezieht, zum zweiten emotionalen Zentrum des Films auf. Ob es unbedingt nötig war, mit Apeldjus eine Identifikationsfigur für den Nachwuchs zu etablieren, oder ob damit der Focus unnötig vom Kern der Geschichte abgelenkt wird, sei dabei einmal dahingestellt.
 
Was dem Film jenseits der Gags (hier seien besonders die Sklaven und ihr ebenso geschäftstüchtiger wie eloquenter Vorarbeiter Duplikatha erwähnt) und der fantastisch choreographierten Action allerdings abgeht, ist ein gewisser Tiefgang. Alle Konflikte zwischen den Figuren bleiben an der Oberfläche, keinerlei Gefühle werden verletzt und nie kommt der Hauch eines Zweifels daran auf, dass am Ende alles gut ausgehen wird. Um Missverständnissen vorzubeugen, niemand möchte mit Gewalt aus einem „Kinderfilm“ ein existentielles Drama machen – aber das Gefühl, es mit echten Personen tun zu haben, mit denen man mitleiden und mitfiebern kann unterscheidet eben einen wirklich guten Animationsfilm von einem „nur“ gut gemachten.
 
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Auch die gerade in Frankreich weit verbreitete Angst, die eigene Identität in einer globalisierten Welt Stück für Stück zu verlieren und zu einer Art Disneyland für betuchte Touristen herabzusinken, wird nur an der Oberfläche gestreift – im Bereich der Metaebene ist also durchaus noch Luft nach oben.
Was die deutsche Synchronisation anbelangt, so mag die Tendenz der Verleiher, Rollen nach Bekanntheitsgrad beziehungsweise prognostizierter Zugkraft beim Publikum und nicht unbedingt passend zur Rolle zu besetzen, aus marktwirtschaftlicher Sicht noch ansatzweise nachvollziehbar sein, künstlerisch ist diese „Prominentenschwemme“ aber durchaus kritisch zu betrachten.
 
So sind Milan Peschel (Asterix) und Charly Hübner (Obelix) zwar gestandene Charaktermimen und machen ihre Sache im großen und ganzen auch ganz ordentlich, jedoch ziehen sie im direkten Vergleich mit früheren Inkarnationen des „dynamischen Duos“ eindeutig den kürzeren.
 
Insbesondere Peschel mangelt es an der sprichwörtlichen Pfiffigkeit Asterix‘, wie sie beispielsweise Frank Zander mit seiner charakteristischen Reibeisenstimme in „Asterix – Sieg über Caesar“ (1985) verkörperte. Ebenso schmerzlich vermisst wird der unnachahmliche Wolfgang Hess (u.a. Synchronstimme von Bud Spencer) als Obelix.
 
Insgesamt ist „Asterix im Land der Götter“ ein gelungener Neustart der Reihe, dem hoffentlich der gebührende Erfolg beschieden sein wird. Die wenigen Kritikpunkte richten sich vor allem an erwachsene Zuschauer, die von einem Kinobesuch mehr als nur amüsante Unterhaltung erwarten. Wer darauf verzichten kann, dem stehen, genauso wie dem Nachwuchs, witzige und charmante 90 Minuten bevor.