Man kann die Hauptfigur eines Films schon egozentrisch und dumm sein lassen (wenn dem nicht so wäre, hätte Adam Sandler keine Karriere). Doch dann muss eine solche Figur sich im Verlauf eines Films irgendwie entwickeln. Aber diese Shelley fühlt sich während des gesamten Films zu gut für jede andere Show oder Arbeit. Sie lässt eine verzweifelte, hilfesuchende Freundin nicht ins Haus (und verhindert so, dass mal so etwas wie Handlung stattfinden könnte). Sie sucht Kontakt zu ihrer erwachsenen Tochter, die bei Pflegeeltern aufgewachsen ist und wenn diese versucht, mit ihr über die Vergangenheit zu sprechen, gibt sie Sätze von sich, wie „I can’t defend myself anymore.“ oder „I have no regrets. None!“.
In einer Szene gegen Ende des Films beschämt Shelley sich selbst und andere. Aber das Drehbuch verweigert der Figur und damit auch dem Publikum jede Katharsis. Gleich in der nächsten Szene sucht und findet Shelley die Schuld für die eigene Lage nur bei anderen. Selbst am Ende des Films flüchtet diese „Heldin“, die sich selbst und ihr Leben nie realistisch oder kritisch betrachtet hat, nur in eine weitere Fantasievorstellung. Menschen wie diese Shelley kennen wir alle. Aber müssen wir unbedingt einen ganzen Spielfilm über sie sehen?
There’s nothing I can do, total eclipse of the heart
Wie bereits erwähnt, wirkt Gia Coppolas Regie nicht subtil, aber immer wieder effektiv. Die Nebendarsteller*innen hinterlassen einen stärkeren Eindruck, als es ihre unfertigen Charaktere zulassen sollten. Tatsächlich hätten wir gerne mehr über die von Kiernan Shipka („Longlegs“) oder Dave Bautista („Guardians of the Galaxy“) dargestellten Figuren erfahren. Aber das lässt das dünne Drehbuch eben leider nicht zu.
Nicht das geringste Bisschen subtil, aber sehr effektiv ist auch Jamie Lee Curtis‘ Darstellung einer Frau (fast?) am Ende eines langen Wegs, der nur nach unten geführt hat. Brenda Song lässt in ihren wenigen kurzen Szenen das „Hotel Zack und Cody“ weit hinter sich. Und Billie Lourd („Star Wars Episoide IX: jeder und sein Onkel darf nochmal“) verwirrt uns mit der Darstellung einer Rolle, für die sie deutlich 10 Jahre zu alt ist.
Viele Kritiker loben vor allem die Leistung von Pamela Anderson. Aber wofür genau lobt man Frau Anderson hier? Dafür, dass sie nach 38 Jahren als Schauspielerin (ebenso viele, wie ihre Figur in ihrem Business zugebracht hat) endlich mal in einem Film mitwirkt, der ihr nicht peinlich sein muss? Wenn Shelley im Film eine Tanzroutine kritisiert, ist dem aufmerksamen Filmfan schon klar, dass das alles dem entspricht, was Pamela Anderson vor fast dreißig Jahren in „Barb Wire“ zum Besten gegeben hat. Und natürlich verleiht das Andersons Darstellung eine interessante Meta-Wirkung.
Aber am Ende sehen wir Pamela Anderson hier eine nur leicht verfremdete, bloß deutlich ärmere Version dessen darstellen, was jahrzehntelang Andersons öffentliche Persona war. Das macht sie recht überzeugend. Aber nicht nur deshalb fragt man sich, warum hat Frau Anderson nicht längst mal etwas anderes ausprobiert? Eine ganze Generation von Independent-Filmemacher*innen hätte ihr sicher gerne ähnliche Chancen gewährt, als sie noch damit beschäftigt war, in Filmen wie „Blond und Blonder“, im „Big Brother“-Container oder mit Mörtel Lugner am Opernball aufzutreten.
Ist es nicht ein bisschen herablassend, wenn andere Kritiker Pamela Anderson jetzt überschwänglich für eine passable aber am Ende recht einseitige Leistung loben? Hat das nicht etwas von, „Na, das hätte man dem ehemaligen Playmate/der ehemaligen Rettungsschwimmerin gar nicht zugetraut“? Wenn man Andersons Vorgeschichte beiseitelässt, muss man feststellen Ihre Darstellung des letzten Showgirls passt zum Rest des Films: effektiv, aber nicht eben subtil und am Ende bleibt nicht allzu viel übrig.