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Kritik: The Long Walk - Todesmarsch

 
sub kritik
 
Autor: Christopher Diekhaus
 
Stephen-King-Adaption schickt junge Männer in einem dystopischen Amerika auf eine Wanderung der besonderen Art.
 
These Boots Are Made for Dying
 
Richard Bachman – unter diesem Pseudonym veröffentlichte Horrorpapst Stephen King im Laufe seiner Karriere einige Bücher, etwa den dystopischen Roman „Todesmarsch“, der im Original als „The Long Walk“ bekannt ist. In den Handel kam das Werk 1979. Mit dem Schreiben begonnen hatte der Autor allerdings schon über zehn Jahre zuvor während seiner Uni-Zeit. Pläne, den Stoff zu verfilmen, existierten ab den 1980er-Jahren. Doch obwohl (oder gerade weil?) die Rechte seither durch mehrere Hände gingen, kam es lange Zeit nicht zur Verwirklichung.
 
Warum? Das lässt sich im Einzelnen nur noch schwer nachvollziehen. Womöglich aber scheuten manche Studiobosse vor der recht simplen Struktur der Vorlage zurück: Ein Haufen junger Männer marschiert auf einer vorgegebenen Route durch eine Schreckensvision der USA, bis nur noch einer übrig ist und den großen Preis gewinnt. Eine Geschichte, die nicht unbedingt viele große Kinobilder verspricht.
 
Wie auch immer, unter der Regie von Francis Lawrence findet Kings Roman nun endlich seinen Weg auf die Leinwand. Die Wahl des Filmemachers passt einerseits wie die Faust aufs Auge, wirft andererseits aber auch Fragen auf. Vier Teile der dystopischen „Tribute von Panem“-Reihe stehen in der Vita des US-Amerikaners. Eben jene Werke zeichnen sich allerdings durch Spektakel, Schauwerte und aufwendige Actionszenen aus. Nichts, was man von einer Adaption der straffen King-Erzählung erwarten würde.
 
„The Long Walk - Todesmarsch“ spielt in einer nicht näher datierten Zeit, in der die Vereinigten Staaten von einem Bürgerkrieg geprägt sind. Armut und Tristesse greifen um sich. Das faschistische Regime steuert der Hoffnungslosigkeit mit einem alljährlichen Wettbewerb entgegen, der die Moral der Menschen durch einen irrsinnigen Gewinn – Reichtum bis ans Lebensende – heben soll. Der Haken an der Sache: Den titelgebenden Gewaltmarsch darf nur eine einzige Person überleben. Wer nach dem Start hinter das festgelegte Tempo von drei Meilen pro Stunde zurückfällt, wird von den begleitenden Soldaten verwarnt. Nach drei Ermahnungen erfolgt gleich auf der Strecke die Hinrichtung.
 
 
Unerwartet ergreifend
 
Zu den Teilnehmern des vom Major („Star Wars“-Ikone Mark Hamill) überwachten, live im Fernsehen ausgestrahlten Contests gehört auch Raymond Garraty (Cooper Hoffman, Sohn des 2014 verstorbenen Philip Seymour Hoffman), der persönliche Gründe für sein Mitwirken hat. Noch vor Beginn der „Wanderung“ macht er die Bekanntschaft von Peter McVries (David Jonsson). Als sich die Gruppe in Bewegung setzt, kristallisiert sich der provokante Gary Barkovitch (Charlie Plummer) schnell als gefährlicher Störenfried heraus.
 
Will man „The Long Walk - Todesmarsch“ kurz und knackig auf den Punkt bringen, beschreibt man den Film am besten als „Tribute von Panem“ in Kammerspielform. Zwar gibt es regelmäßig Drohnenbilder, die von oben auf die verlassenen Landstraßen und die sich stetig fortbewegenden Wettbewerber blicken. Die meiste Zeit verweilt die Kamera jedoch nah bei den Figuren. Aus den Gesprächen und durch die kurzen Rückblenden in Rays jüngere Vergangenheit erfahren wir, wie brutal das herrschende Regime gegen Menschen vorgeht, die andere Meinungen vertreten. Vor dem Hintergrund von Donald Trumps radikalen Maßnahmen gegen Kritiker und unliebsame Narrative besitzt der über 40 Jahre alte Stoff von Stephen King eine geradezu unheimliche Aktualität.
 
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Dass es alles andere als zimperlich zugeht, unterstreicht schon der erste blutig inszenierte Todesfall. In der ersten Hälfte schleichen sich durchaus ein paar Längen ein. Mehr und mehr entwickelt die Romanverfilmung aber eine ungeahnte emotionale Kraft. Obwohl die Grundkonstellation denkbar nihilistisch ist, alle Teilnehmer in einem Überlebenskampf miteinander konkurrieren, entstehen Freundschaften, kommt es mitunter zu erstaunlich tiefsinnigen Gesprächen. Selbst für den anfangs plakativ als Bösewicht gezeichneten Gary findet das von JT Mollner verfasste Drehbuch einen überraschenden Dreh.
 
Herzstück der Adaption ist die Beziehung zwischen Raymond und Peter, wobei vor allem McVries-Darsteller David Jonsson starke Akzente setzt. Seine Figur steht für das Licht der Hoffnung in finsteren Zeiten. Überhaupt: Dass der Mensch nicht zwangsläufig des Menschen Wolf sein muss, wie es im dystopischen Kino so oft zu sehen ist, betont „The Long Walk - Todesmarsch“ bei allem Pessimismus mit einigem Nachdruck. Gleichzeitig illustriert das vom Roman abweichende, durchaus diskussionswürdige Finale jedoch, dass auch ein positiver Blick auf die Welt seine Grenzen hat.
 
Fazit
 
Ganz auf die Figuren und ihre Extremsituation fokussiert, schafft es der zunächst etwas schleppende Endzeitthriller doch noch aufzuwühlen und zu berühren.
 
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