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Kritik: Was ist Liebe wert - Materialists

 
sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Dakota Johnson spielt eine attraktive, junge Frau, die sich zu einem Multimillionär hingezogen fühlt. Was hat der zweite Spielfilm von Celine Song noch an Neuem zu bieten?
 
Good times never seemed so good
 
Wir alle kennen Dakota Johnson aus „Too many Shades of Grey”, wo sie eine überaus attraktive aber reichlich dumme junge Frau spielt, die sich zu einem Multimillionär hingezogen fühlt, der offensichtlich Probleme hat, was man schon daran merkt, dass er sich tatsächlich auch für diese reichlich dumme junge Frau interessiert. In einem überaus mutigen Schritt, den Dakota Johnsons Karriere dringend nötig hat, spielt sie hier nun eine attraktive aber reichlich dumme junge Frau, die sich zu einem Multimillionär hingezogen fühlt und … nein, so kann ich diese Rezension nicht beginnen. Sonst merken die treuen Leser*innen ja gleich, wie weitgehend misslungen dieser neue Film mit Frau Johnson ausgefallen ist und lesen gar nicht mehr weiter.
 
Ich schreibe einfach erstmal über ganz etwas anderes. Am besten über einen alten, sehr viel besseren Film. Darauf stehen unsere Leser*innen (hoffe ich wenigstens). Also los: 1964 drehte Alfred Hitchcock „Marnie“. In diesem Film war die von Tippi Hedren dargestellte Heldin infolge traumatischer Kindheit a) so materialistisch, dass sie zunächst eine Profidiebin wurde und dann einen Mann heiratete, den sie nicht liebte und b) komplett beziehungsunfähig. Dieser schwierige Film war damals kein großer Erfolg und polarisiert selbst unter Filmkennern bis heute. Und so hat Dakota Johnsons Großmutter bereits vor mehr als 60 Jahren in einem Film über Materialismus, Beziehungsunfähigkeit und sexuelle Gewalt mitgespielt, der sehr viel mutiger, interessanter und auch in jeder anderen Hinsicht immer noch relevanter ist als der neue Film mit ihrer Enkelin.
 
Das liest sich ja auch furchtbar. Als hätte ich persönlich etwas gegen Dakota Johnson. Vielleicht fange ich nochmal an. „Materialists“ macht es einem auch wirklich nicht leicht. Selbst der Verleih kann nicht sagen, was das überhaupt für ein Film sein soll. Drama? Romantische Komödie? In der Einladung zur Pressevorführung fand sich nur die kurze Inhaltsangabe „Eine junge, ehrgeizige Partnervermittlerin in New York ist hin- und hergerissen zwischen ihrem perfekten Traummann und ihrem alles andere als perfekten Ex.“ . Selbst der deutsche Verleihtitel lässt Hilflosigkeit erkennen. Dem Originaltitel „Materialists“ wird noch ein überflüssiges „Was ist Liebe wert“ vorangestellt, bei dem das Fragezeichen fehlt.
 
 
Vielleicht schreibe ich erstmal etwas über die Regisseurin und Drehbuchautorin. Das könnte funktionieren. Also Celine Song war 2024 für „Past Lives“ für einen Oscar nominiert. Dieser wirklich nette, gelungene kleine Debüt-Film über Beziehungen in unterschiedlichen Lebensphasen war vor zwei Jahren absolut zurecht ein Überraschungserfolg bei der Kritik. Aber vielleicht hat sich Song das viele Lob zu sehr zu Herzen genommen. Und so wurde Ihr neuer Film ein heil- und zielloses Durcheinander von Themen, die zu ernst sind um in dieser Art von Film auf die von Song gewählte Art behandelt zu werden.
 
I’ve been inclined, to believe they never would (SPOILERS, kind of)
 
Song war Dramatikerin bevor sie ihren ersten Film gedreht hat. Das Stück, in dem eine der Figuren im Film als Schauspieler auftritt, stammt dann auch von ihr. Und vielleicht hätten die Ideen und Konzepte dieses Films in einem Theaterstück miteinander kombiniert werden können. Auf der Leinwand funktioniert dieses Amalgam aus Rom-Com und Drama, in dem die Vergewaltigung einer Nebenfigur nur den beliebigen Vorwand für die klischeehafte Krise im zweiten Akt bildet, leider nie richtig. Wenn der schrecklich unsensible Umgang der strohdummen, egozentrischen Heldin mit dem Opfer dann dazu führt, dass sich dieses am Ende hilfesuchend an sie wendet, damit zum Happy End aber auch wirklich alle Handlungsfänden harmonisch miteinander verknotet werden können, wird das alles ein bisserl schwer erträglich.
 
Die Heldin sagt im Gespräch mit dem Opfer sexueller Gewalt wirklich ständig das Falsche. Ganz allgemein haben die Dialoge des Films eine ganz besondere Qualität, die man nur goutieren kann, solange man keine Sekunde darüber nachdenkt. An einer der wirklich vielen dummen Stellen des Films stellt Pedro Pascals Figur fest: „You must know a lot about love.“. Darauf entgegnet die Heldin: „I know a lot about dating.“ Und der Mann antwortet tatsächlich mit: „What’s the difference?“. Würde ich zu einer Fluglotsin sagen, „Sie müssen viel übers Reisen wissen.“, die würde antworten, „Ich weiß eine Menge über Starts und Landungen von Flugzeugen.“ und ich würde darauf fragen, „Was ist der Unterschied?“, würde die Frau das Gespräch schnell beenden und niemand könnte es ihr verdenken. In diesem Film beginnt mit einem solchen Dialog eine Romanze.
 
Ich habe die von Dakota Johnson dargestellte Heldin nun mehrfach als „dumm“ bezeichnet. Aber Celine Song lässt ihre Hauptfigur wirklich nicht nur immer wieder dumm agieren, sondern auch vor allem sehr viel Dummes von sich geben. Wer Sätze sagt, wie „The perception of a big happy family is all it takes, to have a big happy family” hat hoffentlich viel Geld für Therapeuten übrig und setzt niemals Kinder in die Welt. Falls doch, werden auch diese Kinder jede Menge Geld zu Therapeuten tragen müssen. Manche Dialoge dieses Films sind nicht nur dumm, sondern tatsächlich schräg. Wenn der stinkreiche potentielle Auftraggeber zu einer Dienstleisterin, die ihn als Klientin gewinnen will, sagt, „I’ll call you, if you dance with me.“ muss man sich schon fragen, wer das romantisch finden soll?
 
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All diese Dialoge werden von Abziehbildern von Figuren gesprochen, die sich in einer Handlung tummeln, die ebenso vorhersehbar wie banal ist. Die atemberaubend schöne Heldin arbeitet zusammen mit einem Dutzend anderer atemberaubend schöner Kolleginnen in einer Partnervermittlung, die hoffentlich siebenstellige Honorare berechnet, um die Miete für die atemberaubend schönen Büroräume in Manhattan aufzubringen. Irgendwann fällt auf, dass keine der Figuren im Film Freunde zu haben scheint. Ist das einfach nur schlecht geschrieben oder liegt es daran, dass die Figuren alle so unsympathisch sind? Vielleicht beides.
 
Der Ausgang des Films steht für jeden, der mehr als drei Filme in seinem Leben gesehen hat, ohnehin nach wenigen Minuten fest. Aber Regie und Drehbuch tun hartnäckig so, als wäre das anders und quälen uns und den armen Pedro Pascal durch eine Nicht-Romanze mit der Heldin, die niemals romantisch, ja nicht einmal interessant zu werden droht. Die bereits erwähnte Nebenhandlung rund um einen sexuellen Übergriff ist schon furchtbar unsensibel geschrieben, aber noch unsensibler inszeniert. Warum man zusätzlich dazu, für die Krise gegen Ende des zweiten Akts, der von Pascal gespielten Figur noch einen an den Haaren herbeigezogenen Makel andichten musste, ist unklar.
 
Die furchtbaren Dialoge und die banale Handlung sind ein Jammer. Denn der Film ist wunderschön anzusehen. Song weiß, wie sie ihren Kameramann Shabier Kirchner arbeiten lassen muss, weil sie mit ihm bereits bei „Past Lives“ zusammengearbeitet hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen, die in New York City spielen, scheint „Materialists“ tatsächlich auch dort gedreht worden zu sein. Die teilweise wirklichen beeindruckenden Bauten und bezaubernden Drehorte bilden einen herrlichen Hintergrund für eine Geschichte, die nie richtig funktioniert, mit einer Heldin, die einem nie richtig sympathisch wird. Irgendwann wünscht man sich, man könnte die Bilder dieses Films in einem sehr viel besseren Film sehen. Auch die Darsteller möchte man in einem viel besseren Film sehen.
 
Pedro Pascals „Massive Talent“ wurde erst neulich in „The Fantastic Four: First Steps“ schon nicht richtig genutzt. Hier wird es in einer undankbaren Rolle verschwendet, für die Pascal lächerlich überqualifiziert ist.
 
Was für „Mister Fantastic“ gilt, gilt für seinen MCU-Schwippschwager „Human Torch“ und unser aller Lieblings-Captain America doppelt und dreifach. Seit „Avengers: Endgame“ konnte Chris Evans eigentlich nur in „Knives Out“ wirklich überzeugen. Sonst nehmen wir ihn vor allem in Cameo-Auftritten wahr. Seine Mitwirkung in Filmen wie „Grey Man“ und „Red One – Alarmstufe Weihnachten“ hinterließ wenig Eindruck. Daran wird sich mit seiner Rolle als sympathischer, gutaussehender Waschlappen in diesem Film nicht viel ändern.
 
Dakota Johnson ist eine kompetente Darstellerin. Das hat sie in Filmen wie „Die Frau im Dunkeln“ und „Am I OK?“ bewiesen. Wer Johnson nur in Filmen wie den viel zu vielen Teilen von „Shades of Grey“, „Madame Web“ oder eben jetzt „Materialists“ gesehen hat, wird Mühe haben, diese Kompetenz zu erkennen. Zumindest muss man sich fragen, ob Dakota Johnson irgendwann mal lernen wird, Drehbücher zu lesen. Ihre Figur in diesem Film ist so furchtbar geschrieben, dass an ihrer Darstellung wohl auch jede andere Schauspielerin gescheitert wäre.
 
Fazit
 
Dieser Film hat nicht nur nichts Neues zu bieten. Die vorhersehbare Handlung, lächerlichen Dialoge und wenig sympathischen Figuren lassen selbst das Altbekannte, „Welchen-der-beiden-Männer-wird-die-Heldin-wohl-erwählen?“ nie interessant werden.
 
 
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