Auch Jahre später sind Mufasa (nun gesprochen von Aaron Pierre) und Taka (Kelvin Harrison Jr.) noch beste Freunde und wetzen gemeinsam umher, was Obasi ein Dorn im Auge ist. Eines Tages taucht mit dem weißen Löwen Kiros (Mads Mikkelsen) ein rachsüchtiger Feind auf, der die Macht an sich reißen will. Mufasa und der in akuter Gefahr schwebende Thronfolger müssen fliehen, treffen auf ihrem Weg Verbündete und spüren stets den Atem ihrer Verfolger.
Taka wird zu Scar Hielt sich die Neuverfilmung von 2019 fast sklavisch an den Trickfilmklassiker, führt „Mufasa: Der König der Löwen“ einige Neuerungen ein. Überraschend sind vor allem zwei Dinge: Simbas Vater kommt ursprünglich nicht aus einer königlichen Familie, sondern gelangt als Welpe erst in eine solche. Noch dazu sind er und sein hinterlistiger Bruder Scar nicht blutsverwandt. Wie schon der offizielle Trailer verrät, wird nämlich aus Taka später eben jener Bösewicht, den wir aus dem Original und dem Remake kennen.
In „Der König der Löwen“ waren Schicksal und Familie noch eng miteinander verbunden. Immerhin fühlte sich Simba berufen, als Erbe in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und Scar für seinen Verrat zu bestrafen. „Mufasa: Der König der Löwen“ bricht diesen Gedanken etwas auf und betont: Herrscher wird man nicht qua Herkunft, sondern dadurch, wie man handelt. Während Eshe schon früh Mufasas besondere Fähigkeiten erkennt und ihn lobt, hadert der eigentliche Thronfolger Taka mit seiner Rolle und den Erwartungen seines strengen Vaters, der ein starres patriarchales System verkörpert.
Die Freundschafts- bzw. Geschwisterkonstellation im neuen Film hat Potenzial. Doch leider gerät die Entwicklung der zwei Löwen zu ungenau, um vollauf zu berühren. Den Bruch zwischen den Protagonisten führt dann auch ein uraltes Drehbuchklischee herbei: Beide interessieren sich für das Weibchen Sarabi (Tiffany Boone), mit dem sie sich auf ihrer Flucht zusammentun. Mufasas Heldenreise wirkt etwas glatt, kommt ohne große Momente des Zweifelns daher – was ihn ein bisschen eindimensional erscheinen lässt. Spannender, weil ambivalenter ist dagegen Taka, dessen drastische Wandlung in einer Szene allerdings arg plötzlich vonstattengeht.
Bilder zum Staunen
Überhaupt gibt es in der letzten halben Stunde einige erzählerische Unebenheiten. Zum Beispiel wirkt eine packend gedachte Motivationsrede gar nicht so mitreißend wie behauptet. Im Vergleich mit dem Vorgänger fällt außerdem auf, dass die komischen Einlagen von Timon und Pumbaa weniger verfangen. In „Der König der Löwen“ hatten sie noch eine nicht unwichtige Rolle für die Handlung. Dieses Mal sind sie aber bloß Zaungäste, die Rafikis Schilderungen gelegentlich mit bemühten Metawitzen kommentieren.
Die von Lin-Manuel Miranda geschriebenen neuen Lieder sind schmissig, haben mitunter Groove, etwa die von Kiros zum Besten gegebene Nummer „Bye Bye“. Klassikerstatus dürften die Songs jedoch nicht erreichen. Dafür fehlt schlicht das gewisse Etwas.
Auf ganzer Linie punkten kann „Mufasa: Der König der Löwen“, wenig verwunderlich, in visueller Hinsicht. Live-Action-Filmtechniken und fotorealistische Computeranimationen werden geschickt verschmolzen. Immer wieder laden die Bilder von Tieren und Landschaften zum Staunen ein. Auch deshalb, weil sich die Macher um Abwechslung bemühen. Ausgedörrte Wildnis, schneeumtoste Gebirgspanoramen und in sattem Grün erstrahlende Welten – all das gibt es hier zu sehen. Die Aufmerksamkeit des Publikums bindet Barry Jenkins ferner mit zahlreichen dynamischen Actionsequenzen, die teils ungewöhnliche Perspektiven einnehmen. Inszenatorisch läuft wenig falsch. Die Drehbuchmängel lassen sich dadurch aber nicht einfach so beiseite wischen.