Die Handlung von „Nur noch ein einziges Mal“ ist wirklich furchtbar. Die Dialoge sind zum größten Teil noch schlimmer. Dabei kann es uns übrigens gleichgültig sein, ob die Schuld bei der Vorlage liegt oder beim Drehbuch. Die Regie von Justin Baldoni ist ein ganz anderes Thema. Baldoni hat zunächst Nebenrollen in Fernsehserien wie „Charmed“, „Hotel Zack & Cody“, „CSI: Las Vegas“ aber auch „CSI: New York“ gespielt. Und ehrlich: genauso sieht er auch aus. Mittlerweile ist er Regisseur („Clouds“). Und sein Regiestil entspricht immer noch weitgehend eben diesen Fernsehproduktionen, an denen er als Schauspieler mitgewirkt hat.
Alles sieht auf eine gefällige Art sehr kompetent aus. Baldoni zeigt uns wirklich sehr schöne Bilder von allen möglichen Ecken des malerischen Boston, von Lilys zauberhaftem Laden, von Ryles atemberaubendem Apartment mit Blick über den Hafen, ... alles wunderschön. Bloß ist der Look zu glatt, zu langweilig, sieht zu sehr nach einer sehr teuren, sehr langen Fernsehwerbung aus. Und je länger der Film dauert (und er dauert lang, viel zu lang) umso weniger passt der Look zur Geschichte.
Baldoni macht auch keinen schlechten Job, wenn er die Vorfälle häuslicher Gewalt zunächst ambivalent in Szene setzt. Weil er nicht genau zeigt, was passiert, könnte man vielleicht zunächst Ryles Versionen der Geschehnisse glauben. Bloß dass niemand im Publikum auch nur eine Sekunde lang Ryles Version der Geschehnisse glauben kann. Dieser Kunstgriff des Regisseurs ist komplett verschwendet. Das Funktionieren dieses Tricks hat Baldoni durch das Casting von Anfang an komplett ausgeschlossen.
It would have been harder to leave (SPOILER!)
Justin Baldoni hat sich nämlich selbst als Neurochirurgen Ryle besetzt. Und das Beste was man über Baldonis Darstellung sagen kann, ist, dass sie den größten Teil des Films funktioniert. Sein Ryle wirkt von der ersten Szene, was sage ich, von der ersten Einstellung in der wir ihn sehen, wie ein manischer Egozentriker ohne jede Frustrationstoleranz. Für niemanden im Publikum kann es auch nur den geringsten Zweifel geben, dass dieser Kerl dringend ein paar Dutzend Jahre intensive Therapie braucht, am besten stationär.
Leider ist der Schluss dieses viel zu langen Films nochmal viel zu lang geraten. Denn spätestens während dieses überlangen Schlusses funktioniert Baldonis Darstellung leider gar nicht mehr, wenn die Autorinnen sich eine weitere überflüssige Wendung aus dem Allerwertesten ziehen. Plötzlich soll dieser Ryle ein von seinem eigenen Trauma geplagtes Opfer sein und wir sollen Verständnis für ihn haben? Sorry, der Typ war gerade 120 Minuten lang ein gefährlicher Psycho, bei dessen bloßem Anblick wir uns schon unwohl gefühlt haben. So funktioniert das nicht.
Der Rest der Besetzung besteht aus durchaus kompetenten Darstellern, angeführt von Jenny Slate („Begabt – Die Gleichung eines Lebens“), die tapfer ihre lächerlichen Dialoge aufsagen und ansonsten kaum gegen ihre Chargenrollen anspielen können.
Aber eigentlich besteht der Rest der Besetzung nur aus Stichwortgebern und beweglicher Kulisse. Denn „Nur noch ein einziges Mal“ ist Blake Livelys Film, den sie ganz allein beherrscht. Leider nicht durch ihre ausdrucksstarke und nuancierte Darstellung einer komplexen Frauenfigur. Sowas haben weder der Film noch Lively zu bieten. Lively beherrscht diesen Film optisch. Selten haben wir im Kino eine besser und aufwendiger gekleidete Frauenfigur gesehen als hier. Ich habe schon Bond-Girls in weniger aufreizenden Outfits gesehen, als das was diese Lily trägt, wenn sie ihren Laden renoviert. Und ich glaube Natalie Portman hatte in den ersten drei Episoden von „Star Wars“ weniger Kostümwechsel als Blake Lively in diesem einzelnen Film.
Und so wie Justin Baldonis wunderschöne Bilder von wunderschönen Orten den Film nicht bereichern und an manchen Stellen sogar stören, so bereichert die wunderschöne Blake Lively in ihren unzähligen wunderschönen Outfits diesen Film kein bisschen. So wie Baldonis Regie an die Fernsehserien erinnert, in denen er als Schauspieler mitgewirkt hat, so erinnert Blake Lively hier eher an eine atemberaubende Verdächtige in „CSI: Las Vegas“, eine der Hexen aus „Charmed“ oder einen Stargast in „Hotel Zack & Cody“. Was in „Nur ein kleiner Gefallen“ funktioniert hat, kann hier nicht funktionieren. Für die schwierige Darstellung einer Frau, die den Teufelskreis häuslicher Gewalt durchbrechen will, braucht es mehr als eine wunderschöne Darstellerin in vielen wunderschönen Outfits.