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Kritik: #Schwarze Schafe

 
sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Gute Filme stellen Fragen. Hervorragende Filme liefern manchmal sogar Antworten. Der neue Film von Oliver Rihs liefert eine Antwort auf eine Frage, die niemand je gestellt hätte …
 
Alter, fick Dich, Mann!
 
Von meinem üblichen Muster abweichend, fasse ich gleich zu Beginn mal die Inszenierung zusammen, damit nicht die ganze Rezension von vorne bis hinten negativ gerät: die Regie von Oliver Rihs ist nicht das Schlimmste an „#SchwarzeSchafe“.
 
Bitte mich nicht falsch zu verstehen, die Regie von Oliver Rihs ist nicht gut. Sie stellt auch sicher keinen Grund dar, sich „#SchwarzeSchafe“ tatsächlich im Kino anzusehen. Dafür gibt es nämlich gar keinen Grund. Aber ich möchte doch festhalten: die Regie von Oliver Rihs ist nicht das Schlimmste an „#SchwarzeSchafe“.
 
Oliver Rihs hat, wie jeder moderne Filmemacher, „Pulp Fiction“ gesehen. Dieses Meisterwerk, dessen verschiedene skurrile Episoden rund um Drogen und Gangster miteinander verwoben sind, hat nicht nur einen bis heute anhaltenden Eindruck in der Filmkunst hinterlassen. Es fand auch recht bald viele Nachahmer, von „2 Tage in L.A.“ über die frühen Filme von Guy Ritchie bis zu neueren Beispielen wie „Bad Times at the El Royale“. Und Oliver Rihs hat Ulrich Seidls „Hundstage“ gesehen. „Hundstage“ war ein schwer erträgliches, sperriges Meisterwerk, über Menschen deren Überforderung durch das eigene Leben in der Hitze der Großstadt immer offensichtlicher wird. Weniger bekannt als „Pulp Fiction“, hat auch „Hundstage“ seinen Eindruck hinterlassen.
 
 
Zurück zur Regie von Oliver Rihs, die wirklich nicht das Schlimmste am Film ist: Getreu dem ersten Vorbild lässt Rihs seine Protagonisten viel Dialog erzählen. Unheimlich viel Dialog. Viel zu viel. Getreu dem anderen Vorbild soll die wackelige Handkamera vermutlich wie in einem Doku-Drama wirken. Welche Wirkung der merkwürdige Schnitt und die eigenartig gewählten Bildausschnitte erzielen sollen, ist unklar. Das Beste, das mir zum Einsatz der Musik in „#SchwarzeSchafe“ einfällt, wäre noch das Adjektiv, „willkürlich“. Aber ich bleibe dabei: die Regie von Oliver Rihs ist nicht das Schlimmste an „#SchwarzeSchafe“.
 
Das Schlimmste an „#SchwarzeSchafe“ ist das Drehbuch. Es gibt noch einiges andere an „#SchwarzeSchafe“, das schlimm ist. Aber das Drehbuch ist das Schlimmste an diesem Film. Mit Abstand. Mit weitem Abstand. Im Pressetext zum Film heißt es: „Oliver Rihs hat das Drehbuch gemeinsam mit Ana Cristina Tarpo, Daniel Young, Ziska Riemann, Melanie Möglich und Oliver Keidel verfasst.“ Ich behaupte, jede und jeder der Autor*innen hat sowohl „Pulp Fiction“ als auch „Hundstage“ mehrmals gesehen und keine und keiner hat diese Vorbilder verstanden.
 
Ich habe noch nie bewusst einen Film gesehen, dessen Drehbuch von Ana Cristina Tarpo, Daniel Young, oder Melanie Möglich verfasst wurde. Oliver Keidel hat unter anderem das Drehbuch zu „Curveball“ verfasst. Dieser Film von 2021 war sicher gut gemeint, aber leider nicht gut gemacht. Ziska Riemann hat u.a. das Drehbuch zu „Get Lucky – Sex verändert alles“ verfasst, einem Film, dem ich beim besten Willen nicht zugestehen kann, gut gemeint gewesen zu sein. Ich habe diesen Film vor Jahren nur zur Hälfte gesehen und das reicht mir bis heute.
 
Zusammen mit Regisseur Oliver Rihs haben insgesamt nicht weniger als 6 (in Worten: sechs) Leute an dem Drehbuch zu „#SchwarzeSchafe“ mitgeschrieben. Und keinem von ihnen hat jemals jemand erklärt, dass Filme nur dann unterhaltsam sind, wenn man echte Charaktere realistische oder wenigstens realistisch wirkende Situationen erleben lässt. Wenn man dumme, klischeehafte Figuren bloß in dumme Situationen geraten lässt und diese dann dumm agieren und reagieren lässt, dann ist das nicht unterhaltsam. Das ist dann einfach nur dumm. Und anstrengend. Aber vor allem dumm.
 
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In diesem dummen, anstrengenden, aber leider vor allem dummen Film ist die gesamte Bevölkerung von Berlin dumm. Strohdumm. Ach was sag ich, scheißdämlich sind sämtliche Figuren dieses Films. Und sie geben in jeder Situation nur die dämlichsten Dialoge von sich, während sie dämlich agieren und reagieren, wie es kein Mensch jemals tun würde.
 
Der Mensch ist so ein fucking Raubtier, ich schwör!
 
Eine der Figuren im Film meint an einer Stelle, „Irgendwas muss passieren“. Und dieser Satz war wohl eine Art Motto der sechs Autor*innen. Ach, hätte ihnen doch bloß jemand erklärt, dass in einem Film nicht einfach nur „irgendwas“ passieren muss, sondern tatsächlich irgendwas Sinnvolles. Und im Idealfall irgendwas Unterhaltsames. Einfach nur „irgendwas“ reicht leider nicht.
 
Irgendwas passiert, wenn sich eine der Figuren auf den Gecko seiner Tochter setzt. Dann passiert irgendwas, wenn ein Drogendealer beim Versuch, ein Paket mit Kokain aus einem Bienenstock zu holen, vom Balkon eines Hochhauses fällt. Es passiert auch irgendwas, wenn die Verkäuferin eines Bioladens beim Anblick einiger türkischer Kunden sofort die Polizei ruft und diese mit Überfallkommando anrückt. Und es passiert definitiv irgendwas, wenn ein Callboy dafür bezahlt wird, einem anderen Callboy seine Handprothese in den Po zu stecken. Dann passiert irgendwas, wenn ein Klan-Chef und Drogenhändler seine Protzkarre durch eine Rikscha ersetzt. All das und noch vieles mehr passiert in diesem Film. Und nichts davon ergibt Sinn, ist lustig oder auf irgendeine andere Art und Weise unterhaltsam.
 
Alles was in diesem Film passiert und gesagt wird, ist so dumm und anstrengend, andere Elemente des Films wirken verglichen mit all dem gar nicht mehr so schlimm. Dass Katharina Thalbach immer wieder gereimte Kommentare aus dem Off in den Film quatscht, sodass Feuilleton-Leser an einen antiken griechischen Chor erinnert werden, ist nicht das Schlimmste. Das klingt dann zwar jedes Mal wie eine Episode von „Der kleine Rabe Socke“ oder eines der vielen von Frau Thalbach eingesprochenen Hörbücher, aber was soll’s?
 
Auch die zum Teil wirklich furchtbaren darstellerischen Leistungen sind nicht das Schlimmste am Film. Frederick Lau kann hier, nach seiner eindringlichen Darstellung eines dämlichen Proleten in „Wuff“, seiner Glanzleistung als dämlicher Prolet in „Das perfekte Geheimnis“ und seiner berührenden Verkörperung eines dämlichen Proleten in „Nightlife“ in einer ungewohnten Rolle als dämlicher Prolet leider nicht überzeugen. Milan Peschel, der bereits in der Hälfte aller Til-Schweiger-Filme und einem großen Teil sämtlicher in den letzten Jahren in Deutschland produzierter Kinderfilme einen schrägen, kleinen Verlierer dargestellt hat, scheitert hier an der Darstellung eines schrägen, kleinen Verlierers.
 
Alexander Schubert sehen wir in einer Rolle, die vielleicht sogar noch dümmer und leider noch viel klischeehafter ist, als die Figuren die er in „Sketch History“ und der unsäglichen „Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt“ darstellen musste. Die von Yasin El Harrouk, Narges Rashidi und Amer El-Erwadi dargestellten Figuren sind solche fremdenfeindlichen Klischees, man müsste sich schlecht fühlen, würde man über sie lachen. Zum Glück besteht diese Gefahr gar nicht. Ein Schauspieler namens Robert Lohr zeigt etwas, das man beim besten Willen nicht „Darstellung“ und auch nicht „Parodie“ einer Figur nennen kann. Tatsächlich lässt das, was er hier zeigt, die Grenzen von Begriffen wie „Klischee“ oder sogar „Schmiere“ weit hinter sich.
 
Jule Böwe hat unter anderem am Theater und in Filmen wie „Katze im Sack“ gezeigt, was sie kann. Jella Haase hat das Kunststück fertiggebracht, in dem fast völlig unsympathischen Film „Das perfekte Geheimnis“ wirklich sympathisch zu wirken und hat „Chantal im Märchenland“ vor völliger Mittelmäßigkeit bewahrt. Die beiden Damen müssen nach ihrem Engagement in diesem Film dringend mal ein ernstes Wort mit ihren Agenten wechseln.
 
Fazit
 
Die Frage die niemand je gestellt hätte: wie würde ein Film aussehen, der sowohl „Pulp Fiction“ als auch „Hundstage“ zu imitieren versucht, dessen Macher*innen aber keinen dieser beiden Filme verstanden haben? Die Antwort lautet: so wie „#SchwarzeSchafe“.
 
 
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