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Kritik: Lilo & Stitch

 
sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Ein weiteres Disney-Animations-Meisterwerk erfährt ein live-action-remake. Kann das funktionieren?
 
„‘ohana“ means family, …
 
Ich werde hier nicht die Handlung von „Lilo & Stitch“ wiedergeben. Wer die Handlung von Disney’s 42. Spielfilm von 2002 nicht kennt, kann uns nur leidtun. Um die Jahrtausendwende sind in den „Walt Disney Feature Animation Studios Florida“, also weit weg von der Firmenzentrale in Kalifornien, während weniger Jahre einige ganze besondere, teilweise durchaus schräge Filme entstanden: „Mulan“, „Bärenbrüder“, „Ein Königreich für ein Lama“ und die zu Unrecht halb vergessenen Werke „Atlantis“ und „Der Schatzplanet“. „Lilo & Stitch” dieser ganz besondere Film über Verlust und Familie mit seinem durchaus schrägen Protagonisten war einer der besten dieser Filme.
 
Ich könnte hier also nun durchaus infrage stellen, ob dieses live-action-remake eines echten Meisterwerks überhaupt nötig ist. Ich könnte darüber schreiben, wie Story-Elemente oder Szenen im Realfilm eine ganze andere Wirkung als im Animationsfilm haben. Ich könnte darüber schreiben, wie wichtig es ist, dass die Macher eines solchen Remakes genau wissen, welche Elemente des früheren Films sie unbedingt übernehmen müssen und wo sie Neues, Eigenes erfinden müssen. All das wäre berechtigt.
 
Aber während der Pressevorführung dieser neuen Realfilm-Version von „Lilo & Stitch“ ist mir etwas eigenartiges passiert. Vielleicht muss ich zuvor kurz etwas erklären: Ich mache mir während der Pressevorführungen zu Filmen, die ich hier zu besprechen habe, stets Notizen. Diese Notizen sind mal mehr, mal weniger umfangreich. Manchmal bestehen sie aus wenigen Stichworten, seltener fülle ich während eines Films eine ganze A4-Seite mit Notizen. Aber in jedem Fall brauche ich bei jeder Pressevorführung einen Stift und Notizpapier.
 
 
Während ich nun in der Pressevorführung der 2025-Version von „Lilo & Stitch“ saß, fiel mir sehr spät im Film, tatsächlich erst gegen Ende des Films auf, dass ich noch keine einzige Notiz verfasst hatte. Der Stift und ein Blatt blütenweißes Papier lagen noch immer unberührt neben mir, als der Film bereits weit fortgeschritten war. Das war ungewöhnlich. Selbst bei rein privaten Kinobesuchen gelingt es mir kaum jemals richtig abzuschalten und einen Film bloß als Filmfan und nicht als Kritiker zu betrachten. Trotzdem hatte ich mir zu „Lilo & Stitch“ keine einzige Notiz gemacht. Woran kann das gelegen haben?
 
Nun zunächst einmal ist die Realfilmversion von „Lilo & Stitch“ wirklich sehr schön anzusehen. Natürlich waren die Inseln Hawaiis schon oft im Film zu sehen. Von „Blue Hawaii“ über die verschiedenen „Jurassic Park“-Filme bis zu „Hunger Games“ durften und dürfen die atemberaubenden Landschaften dieser Inseln immer wieder als Hintergrund für die unterschiedlichsten Filme herhalten.
 
Aber bei „Lilo & Stitch“ ist Hawaii nicht nur Drehort, nicht bloß Ort der Handlung. Hawaii ist ein wesentlicher Teil der Handlung. Beginnend mit einem witzigen Gag rund um die voraussichtliche Flugbahn eines Raumschiffs, über die Szene in der Stitch feststellt, auf einer kleinen Insel mitten im Meer festzusitzen bis zur Bedeutung von „‘ohana“, ist Hawaii ein wichtiger Teil dieses Films. Und Regisseur Dean Fleischer Camp („Marcel the Shell with Shoes on”) setzt diesen so wichtigen Teil des Films kongenial in Szene.
 
Noch wichtiger ist allerdings die Handlung. Die beiden jungen, noch recht unbekannten Autoren Chris Kekaniokalani Bright und Mike Van Waes haben alles richtig gemacht und nicht nur alle wesentlichen Teile der Handlung des Originals von 2002 sondern auch die besten Szenen fast unverändert übernommen. An einigen Stellen wurde behutsam modifiziert, selten wurde Überflüssiges entfernt und an passenden Stellen wurden einige nette neue Gags hinzugefügt. Am Ende bildet das Drehbuch ein homogenes Ganzes, das sowohl Fans des Originals als auch neues Publikum zufriedenstellen sollte.
 
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„Family“ means, no one gets left behind
 
Auch der Look des Experiments 626, im weiteren Verlauf des Films „Stitch“ genannt, entspricht dem des Vorgängers. Die digitalen Komponenten des Films, wie die verschiedenen Aliens und Raumschiffe wirken extrem überzeugend und trotzdem fantastisch. Und vor allem Stitch wirkt auf uns wieder gleichzeitig wild, schräg und doch einfach liebenswert. Wir nehmen dieses fremde Wesen aus dem All recht bald als vollwertigen Charakter wahr und schließen es schnell ins Herz.
 
Mit einem so überzeugenden digitalen Protagonisten im Zentrum des Films muss natürlich die menschliche Besetzung auch überzeugen können. Und das kann sie durchaus. Es gibt ein nettes Wiedersehen mit Tia Carrere („Wayne’s World“), der Stimme von Lilos älterer Schwester Nani im Original, in einer für diese Version neu hinzugefügten Rolle. Das gleiche gilt für Amy Hill („50 erste Dates“), die 2002 einer Obstverkäuferin ihre Stimme geliehen hatte. Und selbst Jason Scott Lee hat wieder einen kleinen Auftritt.
 
Unklar ist, warum man Ving Rhames nicht wieder als Regierungsagenten Cobra Bubbles besetzt hat. Sein Nachfolger Courtney B. Vance bleibt vergleichsweise farblos in dieser Rolle, die einfach nach viel mehr Wirkung verlangt. Hannah Waddingham hat sich jahrelang auf der Bühne und in Nebenrollen (Factory Woman No. 2 in „Les Miserables“) abrackern dürfen, bevor der Durchbruch mit „Ted Lasso“ kam. Seither ist sie gut im Geschäft. Nachdem sie 2024 in drei verschiedenen Produktionen zu sehen war (u.a. „Fall Guy“) wird sie dieses Jahr in mindestens vier verschiedenen Projekten zu sehen sein. Hier ist sie als Stimme der außerirdischen Ratspräsidentin zu hören. Apropos Stimme, die Stimme von „Stitch“ stammt wieder von Chris Sanders, dem Regisseur des Originals von 2002.
 
Zach Galifianakis („Hangover“) und Billy Magnussen („Game Night”, “No Time To Die”) sind in ihren Rollen als verrückter Wissenschaftler und bemühter außeririscher Beamter nicht nur zu hören. In dieser Version ermöglicht es die extraterrestrische Technik den beiden Aliens, menschliche Gestalt anzunehmen. Das sorgt für einige ganz nette zusätzliche Gags.
 
Eine junge, unverbrauchte Darstellerin namens Sydney Agudong ist in der Rolle von Lilos älterer Schwester zu sehen. Sie überzeugt ebenso in dramatischen wie in witzigen Szenen. Sie vermittelt die Liebe, die ihre Figur für ihre kleine Schwester empfindet ebenso wie die Sorgen, die ihr diese bereitet. Eine zauberhafte junge Dame namens Maia Kealoha brilliert als Lilo und spielt sich in unser Herz hinein. Vielleicht gehören diese Darstellungen zu den wichtigsten Gründen, warum ich mir keine Notizen gemacht habe und einfach nur den Film erleben wollte. Hier waren keine Notizen nötig.
 
Fazit
 
Ist die neue Version von „Lilo & Stitch“ wieder ein Meisterwerk? Nein. Originalität ist eine der Bedingungen für ein Meisterwerk. Dafür beschreitet der neue Film nicht genug eigene Wege. Aber die 2025-Version ist ein feiner, unterhaltsamer Familienfilm mit ebenso viel Herz wie das Original von 2002.
 
 
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