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Kritik: Don´t Worry Darling

 
dfdh kritik
 
Autor: Christopher Diekhaus
 
Seit der Uraufführung in Venedig ist der Mystery-Thriller „Don’t Worry Darling“ in den Schlagzeilen, allerdings vor allem wegen angeblicher Probleme hinter den Kulissen. Der Film hat dennoch mehr zu bieten als Klatschgeschichten für die Boulevardpresse.
 
Anziehende Bilder
 
Schlagzeilen schrieb die zweite Regiearbeit der US-Schauspielerin Olivia Wilde schon in einer frühen Phase der Produktion. Shia LaBeouf, der für die männliche Hauptrolle gecastet worden war, wurde durch Popsuperstar Harry Styles ersetzt. Warum? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Sprach die Filmemacherin bereits damals davon, dass sie den als exzentrisch bekannten Kollegen wegen seines konfrontativen Verhaltens gefeuert habe, gab der Betroffene jüngst zu Protokoll, dass er aus eigenen Beweggründen gegangen sei, und legte für seine Behauptung Textnachrichten und ein Video als Beweise vor.
 
Damit nicht genug. Bei der Weltpremiere von „Don’t Worry Darling“ in Venedig gerieten plötzlich die romantische Beziehung von Wilde und Styles, die angeblichen Differenzen zwischen der Regisseurin und ihrer Hauptdarstellerin Florence Pugh und eine vermeintliche Spukattacke von Styles auf Chris Pine in den Fokus. Reichlich Material für Revolverblätter und Clickbait-Onlinepublizisten, die sich die Chance freilich nicht entgehen ließen.
 
 
So verlockend die von Zank und Missgunst erzählenden Hintergrundgeschichten – wenn sie denn stimmen! – im sonst oft von Wir-hatten-uns-alle-lieb-Berichten geprägten Hollywood-Milieu auch sein mögen, tut man dem starbesetzten Mystery-Thriller unrecht, wenn er jetzt vor allem deshalb Aufmerksamkeit bekommt. Wildes Leinwandarbeit hat unbestreitbar ihre filmischen und schauspielerischen Qualitäten, die die Enttäuschung über ein hinten raus etwas unsauberes Drehbuch abfedern.
 
In wunderbar komponierten und sorgsam ausgestatteten Bildern entführt uns „Don’t Worry Darling“ in eine mitten in die Wüste hineingeschleuderte Luxusfirmensiedlung in den 1950er Jahren. Ordnung und Kontrolle werden in Victory – so der programmatische Name - großgeschrieben, wie der einem Sektenguru ähnelnde Gemeinschaftsgründer Frank (Chris Pine) seinen Bewohnern immer wieder ins Gedächtnis ruft. Mit seinen sauberen, akkurat angelegten Straßen, seinen weißen, schmucken Häusern entspricht der Ort dem für Sicherheit und Geborgenheit stehenden Suburbia-Traum. Nur, dass man hier wirklich völlig autark ist. Frank sieht seine Community als einen utopischen Wegweises, der die Menschheit auf eine neue Stufe bringen soll. Was genau die für sein Unternehmen, das Victory-Projekt, arbeitenden Männer in der Konzernzentrale tun, bleibt nebulös. Selbst ihre sich brav um Haus und Garten kümmernden Ehefrauen haben keine Ahnung, worum es geht.
 
In diesem scheinbar so behüteten und sorgenfreien Idyll haben sich auch die junge Alice Chambers (Florence Pugh) und ihr Gatte Jack (Harry Styles) eingerichtet. Während er jedoch voll und ganz Franks Fortschrittspredigten erliegt, kommt sie an den Punkt, wo sie Irritationen und Unstimmigkeiten in ihrem Umfeld nachgehen will. Eine Entscheidung, die auf wenig Gegenliebe stößt. Dass hinter dem adretten Äußeren, Abgründe lauern müssen, legt eigentlich schon die geradezu aggressiv zur Schau gestellte Perfektion dieses Wüstenparadieses nahe. Das Ganze ist zu schön, um wahr zu sein.
 
01 ©2022 Warner Bros Pictures02 ©2022 Warner Bros Pictures03 ©2022 Warner Bros Pictures04 ©Warner Bros Pictures
 
Starre Geschlechterrollen
 
„Don’t Worry Darling“ ist freilich nicht der erste Film, der die dunklen Triebe einer auf den ersten Blick blütenweißen Gemeinde langsam zu Tage fördert. Vielmehr greift das von Katie Silberman verfasste, auf einer Idee von Carey und Shane Van Dyke basierende Drehbuch ein klassisches Motiv des Horror- und Thriller-Genres auf, wobei besonders die Nähe zu Ira Levins die patriarchalische Ordnung geißelnder Gruseldystopie „Die Frauen von Stepford“ und deren Verfilmung durch Bryan Forbes ins Auge sticht. Die Geschlechterrollen in Victory sind klar verteilt, werden von Alice aber zunehmend hinterfragt.
 
Obwohl die Suche der Protagonistin nach der Wahrheit viele filmische und literarische Vorläufer hat und damit bis zum großen Twist keine allzu bemerkenswerten Überraschungen bereithält, kann Olivia Wilde ihre unaufgeregt entfaltete Emanzipationsgeschichte mit handfestem Unbehagen aufladen. Schon manche Blicke lassen einen frösteln. Einige versteckte Drohungen verdeutlichen die Gefahr, in die sich Alice begibt. Ein ums andere Mal findet die Regisseurin prägnante Bilder für die Drucksituation ihrer Hauptfigur. Und besonders auf der Tonspur hält das Grauen Einzug, wenn die anfangs dominanten beschwingten 1950er-Jahre-Hits mehr und mehr durch unruhige, brodelnde Klänge verdrängt werden.
 
05 ©Warner Bros Pictures06 ©Warner Bros Pictures07 ©Warner Bros Pictures08 ©Warner Bros Pictures
 
Anteil am wirkungsvollen Spannungsaufbau hat nicht zuletzt Florence Pugh, die nach ihrem Tour-de-Force-Ritt in Ari Asters furiosem Folkloreschocker „Midsommar“ von 2019 erneut eine mitreißend-aufwühlende Performance abliefert. Noch größer ist dieses Mal die darstellerische Bandbreite, die der Film ihr abverlangt. Verletzlichkeit, Wut, Unsicherheit und wilde Entschlossenheit - all dies muss die Britin glaubhaft unter einen Hut bringen. Besonders fesselnd ist eine Konfrontation zwischen Alice und Frank, den Chris Pine mit einer latent bedrohlichen Aura versieht.
 
Gerade weil das build-up von „Don’t Worry Darling“ so vielversprechend ist, ist es schade, dass der Mystery-Thriller, wie nicht wenige Genrevertreter, im dritten Akt Federn lässt. Die große Enthüllung und die damit verbundenen Erklärungen werden zu fahrig abgehandelt und entwickeln so nicht die gewünschte Verstörungskraft. Auch wenn Olivia Wilde in den letzten Minuten gewaltig auf die Tube drückt und Alice enorm in Bedrängnis gerät – eine gewisse Enttäuschung über die hingehuschte Auflösung will sich nicht verflüchtigen.
 
Fazit
 
Audiovisuell bestechender Mystery-Thriller mit starker Hauptdarstellerin, der allerdings durch ein unbefriedigendes Schlussdrittel an Wirkung einbüßt.
 
 
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