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Kritik: Thunderbolts

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Neben vielem anderen sehen wir im neuen MARVEL-Film einige der schwerwiegendsten Probleme dieser Filmreihe …
 
There is something wrong with me …
 
Üblicherweise beginne ich meine Rezensionen gerne mit einem kleinen Überblick über die Handlung des Films. Und ich bitte langjährige Leser*innen um Verzeihung, wenn ich das bei „Thunderbolts*“ (das Sternchen gehört dorthin und ist wichtig) bitte bleiben lassen möchte. Nicht, dass der Film nicht ausreichend Handlung zu bieten hätte. Ganz im Gegenteil. Das Drehbuch von Joanna Calo („BoJack Horseman“) und Eric Pearson („Thor: Ragnarok“, „Black Widow“) hat einiges an Handlung zu bieten. Eine ganze Menge. Und das bringt uns bereits zum ersten der hausgemachten Probleme der MARVEL-Filme, die auch in diesem Film wieder offensichtlich werden.
 
Bei MARVEL sollte man endlich einsehen, dass der größte Teil der potentiellen Ticketkäufer KEINE ausgewiesenen Fans sind. Viele von uns sind ganz allgemein Film-Fans. Wir sehen einfach gerne gut gemachte Filme. Weite Teile des möglichen Publikums sind vielleicht nicht einmal Film-Fans, sondern wollen einfach nur mal wieder ins Kino gehen und unterhalten werden. Die wenigsten von uns sind MARVEL-Fans. Man muss aber MARVEL-Fan sein, um der Handlung dieses Films folgen zu können.
 
Es reicht längst nicht mehr, alle 35 (in Worten: fünfunddreißig!) vorangegangen Filme gesehen zu haben. Es würde nicht einmal reichen, all diese 35 (!!) Filme auswendig gelernt zu haben. Denn die Vor- oder Zwischen-Geschichten der Hauptfiguren von „Thunderbolts*“ wurden in mehreren verschiedenen von mittlerweile auch schon mehr als zwei Dutzend Fernsehserien erzählt. Und die Macher dieses neuen Films setzen einfach voraus, wir alle hätten „The Falcon and the Winter Soldier“, „Hawkeye“, die Serie über die angeheiratete Schwippschwägerin des Hulk und sämtliche Kurzfilme über die Lohnbuchhaltung bei Stark Industries gesehen. Haben wir aber nicht. Nicht alle von uns. Und das macht diesen Film anstrengender als er sein müsste.
 
 
Kommen wir zum zweiten Problem des Marvel Cinematic Universe (MCU), das eng mit dem ersten zusammenhängt. 35 (!!!) Filme seit 2008! Wie soll uns da Nr. 36 (!!!!) noch etwas Neues bieten? Wir haben einfach in den letzten siebzehn Jahren genug Filme mit gegeneinander und miteinander und dann wieder gegeneinander kämpfenden Supersoldaten gesehen. Und wir haben auch oft genug gesehen, wie eine attraktive junge Frau, die ungefähr so groß, so schwer und so kräftig ist wie ein durchschnittlicher Zwölfjähriger, ganze Heerscharen schwerbewaffneter, doppelt so großer, doppelt so schwerer und doppelt so kräftiger Schergen des Bösen durch die Gegend prügelt, tritt und wirft. An einer Stelle des Films meint Bucky Barnes, „I’ve been, where you are now“ und man möchte laut aufschreien: „DAS WISSEN WIR!“
 
Or maybe I’m just bored
 
Ich will gar nicht behaupten, die beiden Autor*innen und Regisseur Jake Schreier („Margos Spuren“) hätten keine neuen Ideen gehabt. Aber das führt mich zum dritten großen Problem des MCU: der mangelnde Mut in der Umsetzung. Gegen Ende des Films müssen sich die Held*innen durch den Geist eines depressiven, traumatisierten Menschen bewegen. Eine großartige Idee! Zumindest theoretisch. Denn obwohl im Dialog darüber gesprochen wird, zeigt uns der Film eben nicht in die dunkelsten Ecken eines von Depression und Trauma geplagten Verstands. Wir sehen generische Szenen angedeuteten Dramas, die dann in generische Superhelden-Action umschlagen. Mehr nicht. Weiter wollte man bei MARVEL die gewohnten Pfade dann doch nicht verlassen.
 
Das MCU hat mittlerweile eine Stellung im Filmbusiness erreicht, wie sie sonst vielleicht noch „Star Wars“ hat. Und anders als die James-Bond-Reihe, der doch gewisse Grenzen gesetzt sind, könnte MARVEL in seinen Filmen wirklich alles ausprobieren. Buchstäblich alles. Also warum nicht mal einen Film ohne klassischen Showdown? Ohne zerstörte Gebäude? Ohne wild umherspringende und fliegende Helden und Schurken? Warum denn nicht mal Mut zeigen und etwas ganz anderes ausprobieren, Herrgottnochmal oder von mir aus auch Thor nochmal?
 
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Es ist wirklich ein Jammer. „Thunderbolts*“ hat wieder 200 Millionen Dollar gekostet. Und der Film sieht ja auch wirklich wieder recht gut aus. Nicht jede einzelne Szene sieht immer nach 200 Millionen Dollar aus. Wie auch bereits bei einigen der anderen 35 (!!!!!) Filme wurden die computergenerierten Bilder von mehreren CGI-Schmieden in den USA, Indien und China geschaffen. Und die vielen amerikanischen, indischen, chinesischen und sonstigen Künstler haben nicht alle durchgängig auf dem gleichen Niveau gearbeitet. Aber im Großen und Ganzen sieht der Film recht gut aus.
 
Auch die Besetzung arbeitet verlässlich. Bis auf einen sympathischen jungen Mann namens Lewis Pullman („Top Gun: Maverick“) sehen wir nur alte Bekannte. Florence Pugh („We Live in Time“) ist wieder bezaubernd, David Harbour („Gran Tourismo“) wirkt wieder schwergewichtig und väterlich, Wyatt Russel („Night Swim“) zeigt kantigen Charme, Hannah John-Kamen („Resident Evil: Welcome to Raccoon City“) huscht wieder als „Ghost“ hin und her, Julia Louis-Dreyfus hat noch immer nicht verstanden, dass sie nicht wieder in einer Sitcom mitspielt und Sebastian Stan („The Apprentice“) hat noch immer das Charisma des ewigen Side-Kicks. So weit, so vertraut.
 
Fazit
 
„Thunderbolts*“ ist kein schlechter Film. Er ist sogar durchaus unterhaltsam. Aber dass man 35 (!!!!!!) Filme und ein paar Dutzend Fernsehserien auswendig kennen muss, um am Ende einen etwas sehr braven 36. Film zu sehen, der uns nichts wirklich Neues zeigt, lässt das Ganze etwas unergiebig wirken.
 
 
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