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Kritik: September 5

sub kritik
 
Autor: Peter Osteried
 
Der Film wurde mehrmals verschoben, den idealen Starttermin am 5. September letzten Jahres hat man damit ohnehin verpasst. Unabhängig davon, wann man ihn sieht, ist diese deutsche Produktion jedoch ein eindrucksvoller Film, der mehrfach mit Preisen ausgezeichnet ist und auch für den Golden Globe nominiert ist.
 
Tag des Terrors
 
Am 5. September 1972 wird aus den fröhlichen Spielen, als die die Olympischen Spiele jenes Jahres in München galten, das totale Gegenteil. Denn um kurz für fünf Uhr morgens sind Schüsse im Quartier der israelischen Sportler zu hören. Eine Gruppe von Palästinensern hat sich Zugang verschafft und hält nun elf Sportler als Geiseln.
 
Die ersten, die das mitbekommen, sind Reporter des für die Sportübertragung zuständigen Teams von ABC. Gegen die Widerstände des eigenen Senders übernimmt das Sportteam die Reportage und berichtet in den nächsten gut 21 Stunden von der Geiselnahme, von der sowohl Politik, als auch Polizei überfordert sind
 
 
Ungewöhnlicher Ansatz
 
Das Thema des Terrors jenes Tages wurde filmisch schön häufiger aufgearbeitet, der Fokus lag dabei in der Regel auf den Ereignissen selbst. Tim Fehlbaums Film geht aber einen anderen Weg, nimmt eine eigene Perspektive und lässt so das Geschehen in ganz neuem Licht erstrahlen. Zusammen mit den Reportern des ABC-Sportteams sieht man als Zuschauer, wie die Lage immer weiter eskaliert. Das ist umso eindrucksvoller, weil der Film fast schon wie ein Kammerspiel ist.
 
Er spielt mehrheitlich im Übertragungsstudio des ABC-Teams und konzentriert sich darauf, wie die Menschen dort diese geschichtsträchtigen Ereignisse wahrnehmen. Das ist enorm fokussiert, auf den Punkt und zudem mordsspannend.
 
Gerade letzteres überrascht. Denn den Ausgang jenes Tages kennt jeder. Ein Happyend gibt es nicht, auch wenn die Reporter für wenige Minuten glauben, dass es doch so ist. Dass SEPTEMBER 5 dennoch immens spannend ist, liegt an der drängenden Erzählweise, aber auch den mitreißenden Darstellern.
 
Die Geschichte der Bilder
 
Die Geschichte der Geiseln ist bekannt, ihr Schicksal auch, SEPTEMBER 5 zeigt jedoch, wie die Bilder, die auch heute noch die meisten kennen, zustande kamen. Dabei ist faszinierend zu beobachten, wie Sportjournalisten über sich selbst hinauswachsen. Sie schwenken um auf die neuen Herausforderungen, die auch darin bestehen, dass es solche Live-Bilder des Terrors zuvor nie gab. Ein Moderator meint, dass die Unwirklichkeit der Berichterstattung über den Terror auf den Glamour der Olympischen Spiele trifft, der nun jedoch einer harten Realität weichen musste. Denn derartiges war im Fernsehen noch nie zu sehen.
 
04 ©2025 Constantin Film05 ©2025 Constantin Film06 ©2025 Constantin Film07 ©2025 Constantin Film
 
Spannung bezieht der Film, der mit dokumentarischem Flair daherkommt, auch daraus, dass die Reporter sich einem moralischen Dilemma gegenübersehen. Sollte man filmen, egal, was gezeigt wird? Auch wenn eine Geisel erschossen wird? Darf man das überhaupt oder ist der moralische Imperativ nicht, abzublenden? Das Ende ist dann erstaunlich düster, es ist fast schon deprimierend, nicht nur für die Protagonisten, auch für das Publikum, obwohl dieses längst weiß, dass es eben keinen glücklichen Ausgang bei dieser Geschichte geben wird.
 
Das ist paradox, aber es funktioniert, und das in jeder Beziehung. Dies ist eine Geschichtsstunde, wie sie eindringlicher nicht sein könnte. Über eine Zeit, die mehr als 50 Jahre her ist, und die Erkenntnis, dass sich in diesem halben Jahrhundert kaum etwas verändert hat.
 
Fazit
 
Der Film punktet mit einem exzellenten Ensemble, allen voran Leonie Benesch, die als Marianne das deutsche Gewissen darstellt. Die amerikanischen Kollegen sind auch hervorragend, was umso mehr gilt, weil die Figuren hier nur angerissen werden. Es gibt kaum Persönliches, weil praktisch alles im Dienste der Berichterstattung zurückstecken muss. Der Schrecken des 5. Septembers wird hier auf eine Art fassbar, die man als Zuschauer so noch nicht erlebt hat. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, ein enorm intensiver Film, auch einer, der mit dem Gefühl zurücklässt, ganz, ganz großes Kino gesehen zu haben.
 
 
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