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Kritik: Captain America: Brave New World

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Autor: Christopher Diekhaus
 
Im neuen Marvel-Beitrag kämpft Anthony Mackie mit dem Captain-America-Schild gegen eine fiese Verschwörung und ein dürftiges Drehbuch.
 
Sam Wilson dient Thaddeus Ross
 
Vor gar nicht allzu langer Zeit konnte man sich bei einer Sache sicher sein: Über das Jahr verteilt starteten drei, wenn nicht gar vier Blockbuster des Marvel Cinematic Universe (MCU). Nach dem kontrovers aufgenommenen „The Marvels“ von Ende 2023 drosselten die Verantwortlichen rund um Kevin Feige, den kreativen Lenker des Leinwandgroßprojektes, jedoch das Produktionstempo. Freilich auch wegen der Arbeitskämpfe der Drehbuchautoren und Schauspieler, die Hollywood von Mai 2023 bis November 2023 in weiten Teilen lahmlegten. 2024 erschien mit „Deadpool & Wolverine“ lediglich ein neues Kapitel. Ansonsten herrschte in den Kinos Marvel-Flaute.
 
Dass durchaus noch Sprit im Tank ist, zeigte sie erst kürzlich im Serienbereich, der parallel zu den Filmen weiter ausgebaut wurde. „Mit „Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft“ schlug im Januar 2025 bei Disney+ eine animierte Neuinterpretation des Spinnenmannes auf, die kurzweilig zu unterhalten wusste und dank eines altmodischen Comiclooks auch optische Akzente setzte.
 
In den Multiplexen geht es nun mit „Captain America: Brave New World“ weiter, einer Fortsetzung der bereits 2021 veröffentlichten Serie „The Falcon and the Winter Soldier“ und gleichzeitig das vierte Soloabenteuer des ikonischen Schildträgers. Nach dem Rückzug von Steve Rogers als Captain America am Ende von „Avengers: Endgame“ (2019) versucht der ehemalige Falcon Sam Wilson (Anthony Mackie), die Fußstapfen so gut wie möglich auszufüllen. An seiner Seite: Jungspund Joaquin Torres (Danny Ramirez), der auf den freien Falcon-Posten schielt. Die Chemie zwischen den beiden Darstellern stimmt. Die kleinen neckischen Scharmützel ihrer Charaktere lockern den Film immer mal wieder auf.
 
 
Der Plot setzt ein, nachdem der frühere General und US-Außenminister Thaddeus Ross (Harrison Ford übernimmt für den 2022 verstorbenen William Hurt) zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Einst als harter Hund bekannt, beschwört er jetzt die Kraft des Zusammenhalts. Nur im Verbund lasse sich die Welt befrieden – so sein Credo. Erst recht, da gerade auf einer Insel im indischen Ozean das Wunderelement Adamantium aufgetaucht ist. Alle führenden politischen Köpfe möchte Ross dazu bewegen, einen Vertrag zu unterschreiben, der eine organisierte, gemeinsame Nutzung und Verteilung vorsieht.
 
Wer ist hier die Hauptfigur?
 
Wilson alias Captain America steht vielen früheren Manövern des frischgewählten Präsidenten kritisch gegenüber, will aber den Menschen Hoffnung geben und stellt sich daher in den Dienst des neuen Machthabers. Bei einem für den angestrebten Deal wichtigen Treffen in Washington, D.C. geschieht allerdings das Unfassbare. Ausgerechnet Sams alter Freund Isaiah Bradley (stark, obschon seine Figur zunehmend an den Rand gedrängt wird: Carl Lumbly), der nur auf sein Bitten hin an der Veranstaltung teilnimmt, schießt plötzlich auf Ross und landet im Gefängnis.
 
An seine Tat, die eine Vereinbarung der Nationen in weite Ferne rücken lässt, kann sich der unter Regierungsexperimenten leidende Ex-Supersoldat hinterher jedoch nicht mehr erinnern. Unter dem Eindruck des Attentats setzt der Präsident, der Wilson zuvor noch damit beauftragen wollte, ein neues Avengers-Team aufzubauen, den neuen Captain America vor die Tür. Keinesfalls solle er sich weiter in die Angelegenheit einmischen. Sam und Joaquin drehen natürlich trotzdem jeden Stein um.
 
Der inzwischen 35. Leinwandbeitrag im Marvel Cinematic Universe beginnt recht vielversprechend als undurchschaubarer politischer Verschwörungsthriller im Geiste des zweiten Captain-America-Beitrags „The Return of the First Avenger“ (2014). Wem kann man trauen? Welche Strippen werden im Hintergrund gezogen? Und welche Eskalationen könnten aus den Ränkespielen folgen? In der ersten halben Stunde macht „Captain America: Brave New World“ eine ordentliche Figur und weckt Hoffnungen auf einen spannenden Fortgang. Dass der Titel Aldous Huxleys dystopischen Romanklassiker „Schöne neue Welt“ zitiert, kommt nicht von ungefähr.
 
02 ©2025 MARVEL Studios03 ©2025 MARVEL Studios04 ©2025 MARVEL Studios07 ©2025 MARVEL Studios
 
Denn hier wie dort wird Gedankenkontrolle systematisch eingesetzt. Damit erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten allerdings auch schon. Zu komplex und tiefgründig darf es im Blockbuster-Kino nach Meinung der Studiobosse schließlich nicht werden. Ist es noch zu verkraften, dass der Film den zentralen Konflikt auf eine persönliche Fehde herunterdampft, erstaunt es allemal, wie plump sich die Geschichte in den letzten 30 Minuten präsentiert. Eine halbwegs ernste Angelegenheit mutiert zu einer Kirmesveranstaltung mit banalen, melodramatischen Erklärungen der Marke „Ich tue all dies, um die Liebe eines entfremdeten Menschen zurückzugewinnen“. Unfreiwillig komisch ist nicht zuletzt die Auflösung des Showdowns (Stichwort: Kirschblüten!), der eine vorherige ironische Brechung flugs wieder einkassiert.
 
Nicht nur an dieser Stelle knarzt es im Drehbuchgebälk gewaltig. Fragen muss man die Macher rund um Regisseur und Koautor Julius Onah („The Cloverfield Paradox“) auch, ob sie ihren Titelhelden überhaupt interessant finden. Irgendwie hat es nicht den Anschein, als gehöre der Film Mackies Captain America. Sein Charakterbogen bleibt flach, selbst wenn pflichtschuldig ein Moment des Zweifelns ob seiner schweren Aufgabe eingestreut wird. Mehr Raum bekommt da schon Thaddeus Ross, dem Altstar Harrison Ford Präsenz verleihen kann. Trotz reizvoller Backstory ist leider auch der von Tim Blake Nelson gespielte Bösewicht zu blass, um nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.
 
Was ebenfalls nervt: Permanent erklären uns die Figuren, allen voran Sam Wilson, den aktuellen Stand der Nachforschungen oder die Schlüsse, die aus bestimmten Erkenntnissen zu ziehen sind. Gerade im Superheldenkino lassen sich inhaltliche Schwächen, zumindest ein wenig, mit furiosen Actioneinlagen kaschieren. In „Captain America: Brave New World“ klappt das aber nur punktuell. Zu glatt und unspektakulär ist in vielen Passagen Onahs Inszenierung.
 
Fazit
 
Der neue Marvel-Streifen ist kein Totalausfall. Die Vorfreude auf die weitere Entwicklung der Superheldenreihe hält sich nach diesem erzählerisch bescheidenen Abenteuer allerdings in Grenzen.
 
 
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