Der „Working Man“ hingegen ermordet im Verlauf von 116 Minuten so viele Unbewaffnete, ich habe gar nicht versucht, mitzuzählen. Im Jahr 2025 benutzt dieser „Held“ schon mal einen unbewaffneten Gauner als menschlichen Schutzschild vor den Kugeln der anderen Bösewichter. Ich bin kein Jurist, aber selbst ich weiß, dass bei Mord die Art und Weise des Tötens nicht ausschlaggebend ist, Heimtücke und Grausamkeit aber gleich zwei eindeutige Mordmerkmale sind. Sorry „Working Man“, aber damit hast Du Dir eine Mordanklage erarbeitet. Als „Dirty Harry“ seinen Verdächtigen gefoltert hatte, hat man das wenigstens mit einem Ansatz von Ambivalenz gezeigt.
10 Jahre später war „Rambo“ das Opfer von Folter, hat aber selbst nie gefoltert. Doch bereits 2019 hatten sich die Zeiten geändert und Sylvester Stallone ließ den von ihm geschaffenen Helden plötzlich ohne jede Reue oder Ambivalenz foltern und eine wehrlose Frau mit dem Tod bedrohen. In „A Working Man“, dessen Drehbuch Regisseur David Ayer angeblich zusammen mit Sylvester Stallone verfasst haben soll, wird nun gefoltert und bedroht als wäre da rein gar nix dabei. Wie soll man denn sonst so ein Verbrechen aufklären? Etwa durch Ermittlungsarbeit? Das ist doch was für Mädchen.
Hier wird nicht ermittelt und auch nix hinterfragt. So kann alles schön schwarz und weiß bleiben. Die Bösen sind böse und der Held ist gut. Das Drehbuch folgt der Romanvorlage eines gewissen Chuck Dixon, einem der vielen Nachahmer Lee Childs, die nie die Ironie und die bewussten, comic-haften Übertreibungen in den Jack Reacher-Romanen erkannt haben.
Die Handlung ergibt hinten und vorne keinen Sinn. Es geht um die Befreiung einer jungen Frau, die von Mädchenhändlern entführt wurde. Aber einerseits foltert der Held, andererseits will er sich undercover einschleichen und lässt sich dabei ewig Zeit. Die Handlung erstreckt sich über eine nicht nachvollziehbare Zahl von Tagen und irgendwann fragt man sich, wie lange Mädchenhändler ihre Ware auf Lager liegen lassen und warum? Das Sorgerechtsproblem des Helden wirkt wie ein schlecht durchdachter, nachträglicher Einfall. Was sollte die Szene mit den Schuldeneintreibern am Anfang? Wieso hält der erfahrene Elitesoldat seine Schusswaffen dauernd seitlich, wie irgendein kleiner Gangster?
Wie Regisseur David Ayer tickt, hat er mit Werken wie „Sabotage“ oder zuletzt „The Beekeeper“ gezeigt. Sein Geschick in der Umsetzung bekannter Vorlagen, ist seit dem unsäglichen „Suicide Squad“ bekannt. Hier wiederholt er seine Fehler aus früheren Filmen und inszeniert mit unangebrachter Ernsthaftigkeit, was außer ihm kein halbwegs gesunder Erwachsener auch nur halbwegs ernst nehmen kann. Besonders ungeschickt wirkt Ayers Regie immer dort, wo es ihm nicht gelingt, zu verbergen, dass der Film leider nicht in Chicago gedreht wurde.
Guillermo del Torro konnte uns in „Hellboy“ Prag als New York City verkaufen. Gus Van Sant drehte weite Teile des in Boston spielenden „Good Will Hunting“ in Toronto. Aber wenn zum Beispiel Autos mit gelben Kennzeichen im Bildhintergrund zu sehen sind, wird schnell offensichtlich, wie viel von „A Working Man“ ganz offensichtlich in Großbritannien gedreht wurde.
Vor mehr als 50 Jahren lief „Dirty Harry“ durch San Francisco und sprang auf einen Bus. „Cobra“ lieferte wilde Verfolgungsjagden. Aber die Helden dieser Filme waren damals um die 40 Jahre alt. Jason Statham, der den „Working Man“ darstellt, ist mittlerweile näher an 60 dran als an 50. Die Zeiten artistischer Einlagen in „The Transporter“ und unbändiger Dynamik in „Crank“ sind vorbei. Und so gilt für „A Working Man“ das gleiche, wie für so viele vergleichbare Filme mit alten weißen Männern in der Hauptrolle („The Equalizer“, „Kandahar“, „Hard Powder“, …): „A Working Man“ ist ein Gewalt-Film, aber kein Action-Film. Für einen Action-Film fehlt leider die Action.
Die Besetzung ist nicht der Rede wert. Verschiedene mehr oder weniger bekannte Schauspieler*innen (darunter unverhältnismäßig viele Briten) spielen Opfer oder Bösewichte. Dazwischen steht ein alter weißer Mann, dargestellt von Jason Statham und tötet die Bösewichte, die trotz ständiger Überzahl niemals gefährlich wirken. Spannend ist das alles nicht.