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Kritik: Alien: Romulus

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Der neue Beitrag zur mittlerweile fünfundvierzig Jahre alten Alien-Reihe erinnert natürlich an die alten Filme. Er erinnert aber auch an eine Weisheit eines der größten Filmemacher aller Zeiten …
 
You have my sympathies
 
Die junge Rain sitzt mit ihrem synthetischen Freund Andy auf einer von Weyland-Yutani betriebenen extraterrestrischen Kolonie fest. Weil die junge Frau keine andere Möglichkeit sieht, der Sklavenarbeit in den Minen zu entkommen, schließt sie sich einer Gruppe junger Leute an, die zusammen Kälteschlafkapseln und Energie von einer verlassenen Raumstation stehlen wollen. Aber erfahrene Filmfans ahnen längst, diese Raumstation ist gar nicht wirklich verlassen. Jedenfalls nicht ganz …
 
Der große Jean-Luc Godard hat einmal gesagt, „Um einen Film zu kritisieren, muss man einen weiteren Film machen“. Drehbuchautor Rodo Sayagues und sein Co-Autor und Regisseur Fede Alvarez , die beide u.a. bereits beim Remake von „Evil Dead“ und bei „Don’t Breathe“ zusammengearbeitet haben, scheinen sich diese Weisheit zu Herzen genommen zu haben. Denn Ihr neuer Film ist nicht nur spannend und unterhaltsam und ein würdiger Beitrag zum Franchise. Er zeigt auch deutlich einige der schlimmsten Fehler von „Prometheus“ und „Alien: Covenant“ auf.
 
Kaum eine der handelnden Personen in „Prometheus“ war als Identifikationsfigur für das Publikum geeignet (und ganz sicher keine einzige in „Alien: Covenant“). Mit welcher Figur in „Prometheus“ hätte man sich identifizieren wollen? Mit einem der hochintelligenten Wissenschaftler, die sich allesamt wie Idioten benehmen mussten, damit die Handlung weitergehen konnte? Mit dem verhuschten Androiden? Der Chefin, die weniger menschlich als der Androide wirkte? Dem greisen Konzernchef, der aus irgendeinem Grund von einem Mann in seinen Vierzigern dargestellt wurde?
 
 
Ridley Scott hatte 2012 eine der wichtigsten Besonderheiten seines eigenen Films von 1979 vergessen: die Crew der Nostromo waren alle ganz normale Menschen. Sie waren Arbeiter und unteres Management. Leute wie Du und ich. Natürlich waren diese Typen mit der Situation überfordert. Deshalb hat die Story damals funktioniert. Unter anderem deshalb wirkten die Situationen und Konflikte so stimmig. Und unter anderem deshalb hat das Original von 1979 den „test of time“ bestanden.
 
Und Sayagues und Alvarez liefern uns fünfundvierzig Jahre später eine Bande verzweifelter junger Menschen, die einfach nur den unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kolonie entkommen wollen. Natürlich haben sie keine Ahnung, worauf sie sich eingelassen haben. Natürlich sind auch diese Protagonisten wieder mit der Situation überfordert. Und genau deshalb wirken die Situationen und Konflikte so stimmig. Der neue Beitrag zur Serie mag deshalb noch kein ewiges Meisterwerk sein. Aber er liefert uns den hohen Unterhaltungswert, den wir nur dann bekommen, wenn Figuren, an denen wir ein echtes Interesse haben, gefährliche aber nicht dumme Situationen bestehen müssen.
 
Dazu brauchen wir auch nicht den pseudo-mystischen Hintergrund von „Prometheus“. Wen interessiert der Selbstmord des geschickt rasierten Elvis-Jesus-Verschnitts, der neues Leben schafft? Und wir alle tauschen doch gerne die Allmachtsphantasien eines Androiden in „Covenant“ gegen echte Spannung, Grusel und Schockeffekte ein, oder? Nun „Alien: Romulus“ bietet all das und noch viel mehr. Die stumme Eröffnungssequenz von „Prometheus“ war prätentiös. Die dialogfreie Eröffnungssequenz von „Alien: Romulus“ etabliert den neuen Film im doppelten Sinne des Wortes in der Serie und ist ganz nebenbei einfach nur großes Kino.
 
01 ©2024 20th Century Studios02 ©2024 20th Century Studios03 ©2024 20th Century Studios04 ©2024 20th Century Studios
 
Get away from her, you bitch
 
Natürlich werden die alten Filme zitiert, sowohl wörtlich als auch visuell. Das muss so sein. Aber Sayagues und Alvarez liefern uns nicht einfach so viel als möglich von allem, was uns schon mal gefallen haben könnte, wie das in Filmen wie „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ oder „Deadpool & Wolverine“ betrieben wurde. Die Macher von „Alien: Romulus“ wissen genau, wie weit sie gehen müssen und dürfen. Dabei zeigen sie immer auch genug eigene Ideen und sogar den Mut, Unpopuläres zu zitieren (ich sage mal, nicht alle Filmfans waren auch Fans der Xenomorph-Mensch-Hybride in „Alien: Die Wiedergeburt“. Aber vielleicht lag das damals nur an der Umsetzung der Idee?).
 
Natürlich ist der Film nicht perfekt. Auf die grandiose, dialogfreie Eröffnungssequenz folgen leider immer wieder Szenen, in denen sehr viele der Protagonisten minutenlang zu Erklär-Bären mutieren. Und natürlich gibt es wieder einige Logiklöcher, die aber alle dem Franchise geschuldet sind (Woher nehmen die Aliens eigentlich die Materie, um immer wieder so verflixt schnell wachsen zu können?).
 
Aber „Alien: Romulus“ bietet genug echte Action, echte Spannung und echten Horror um solche und ähnliche Defizite ausgleichen und davon ablenken zu können. Wo Ridley Scott die Talente einer Riege von Stars und großartigen Charakterdarsteller*innen und sogar das einer Oscargewinnerin verschwendet hat, zeigt Fede Alvarez kompetente Führung seiner überschaubaren Truppe junger, noch wenig bekannter Talente. Eindruck hinterlässt vor allem ein junger Mann namens David Jonsson, in seiner interessanten Darstellung eines synthetischen Menschen zwischen Wissen und Gewissen.
 
Der bekannteste Name auf der Besetzungsliste ist sicher Cailee Spaeny. Die junge Schauspielerin hat eine hervorragende Leistung in Sofia Coppolas zu Unrecht wenig bekanntem „Priscilla“ gezeigt. Ihre Leistung in „Civil War“ fiel dann leider ebenso durchwachsen aus wie der ganze Film. Natürlich kann man die junge Dame nicht mit Sigourney Weaver vergleichen. Aber sympathischer und nachvollziehbarer als Noomi Rapace und Katherine Waterston agiert sie hier allemal.
Nun, genaugenommen ist Cailee Spaeny sicher nicht der bekannteste Name auf der Besetzungsliste. Der bekannteste Name auf der Besetzungsliste hat ein „Sir“ vorne dran stehen (CBE) und gehört einem leider bereits vor einigen Jahren verstorbenen, mehrfach ausgezeichneten Charakterdarsteller. Dank der Hilfe der modernen Computertechnik kann eine Version seiner Figur aus einem der früheren Filme wieder versuchen, Menschen seiner Mission zu opfern.
 
Fazit
 
Der neue Beitrag zur Alien-Reihe erinnert auf angenehme Weise an die alten Filme, zeigt aber auch genug neue Ideen um allein bestehen und junge Filmfans begeistern zu können. Ganz nebenbei zeigt er auch die Irrwege der Serie während der letzten Jahre auf.
 
 
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