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***Filmtipp***

 snowden tipp
 
Autor: Tim Prahle
 
IM KINO: Snowden!!
 
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Edward Snowden zählt zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten des digitalen Zeitalters. Für die einen ist er der Gegenspieler der flächendeckenden weltweiten Überwachung, ein Held. Für die anderen ist er ein Geheimnisverräter, eine Gefahr für die nationale Sicherheit. Eine Kontroverse, die sich der Film "Snowden" annehmen will – mit Erfolg.
 
Erst 2014 erschien der später mit dem Oscar ausgezeichnete Dokumentarfilm "Citizenfour" von Laura Poitras. Ist es da sinnvoll, bereits zwei Jahre später einen weiteren Snowden-Film zu veröffentlichen?
 
Liebesbeziehung als zentrales Element
 
"Snowden" zeigt den Weg seines Namengebers von einem patriotischen jungen Mann, der nur durch unglückliche Umstände nicht in den Irak konnte, über die CIA bis hin zur NSA. Personen, die seinen Weg begleiteten werden vorgestellt und der Zuschauer erlebt die Wandlung des jungen Mannes, der bereit ist, im Krieg sein Leben für sein Land zu opfern, hin zum Geheimdienst-Mitarbeiter, der nach und nach an dem Sinn der geheimen Überwachung durch die NSA zweifelt - besonders da auch die eigenen Bürger massiv ausgespäht werden.
 
Auf dieser komplizierten, facettenreichen Reise bekommt der Zuschauer regelmäßig eine kleine Pause in gewohnter Umgebung. In einem kleinen Hotelzimmer in Hong Kong sitzen Edward Snowden (Joseph Gordon-Levitt), die Journalisten Ewen McAskill (Tom Wilkinson), Glenn Greenwald (Zachary Quinto) und eben auch die Dokumentarfilmerin Laura Poitras (Melissa Leo) zusammen und Snowden erzählt seine Geschichte. Das Stilmittel der Rückkehr zum Erzählenden ist nicht neu, in diesem Fall jedoch besonders wichtig. Denn die Nachfragen seiner drei Zuhörer helfen auch dem Zuschauer einige Zusammenhänge besser zu verstehen – die Welt und die Sprache der amerikanischen Geheimdienste sind nicht jedem geläufig – und der Film schafft es dadurch eine mögliche Schwäche zu kaschieren.
 
Ein zentrales Element in der Geschichte ist auch die dauerhaft auf der Probe stehende Beziehung zu seiner Lebensgefährtin Lindsay Mills (Shailene Woolsey). Der Vorwurf einiger weniger, die Autoren versuchen durch diesen "Neben-Liebesgeschichte" lediglich, den Film auch für weibliches Publikum attraktiv zu machen, sollte hierbei wenig ernst genommen werden – nicht nur wegen des Klischee, Frauen würden nur in Liebesfilme gehen.
 
Die Beziehung zu Mills, Snowdens einziger richtigen Familie zu seiner Zeit in der NSA und davor zeigt deutlich, unter welchem Druck dieser Mann gestanden haben muss. Sowohl in Bezug auf sein Wissen über die umfangreiche Ausspähung, als auch der Gefahr, der seine Freundin ausgesetzt sein würde, nachdem den Entschluss des Verrates gefasst hatte. In beiden Fällen konnte er nicht mit ihr darüber reden. Eine dauerhafte Belastung für die Beziehung, die mehrfach mindestens auf der Kippe steht.

 
 
 
Eine moderne (Anti-)Heldengeschichte
 
Doch Snowden ist mehr als das persönliche Drama eines jungen Mannes, der sich die letzte verbliebene "Supermacht" USA zum Feind gemacht hat. Er erfüllt mit seinem klaren Erzählstrang und dem detaillierten Aufzeigen der Überwachung auch den aufklärerischen Auftrag, den er annehmen muss. Dabei kopiert oder ersetzt er den Dokumentarfilm aus dem Jahr 2014 nicht – er ergänzt ihn eher. So schafft er es gute Kino-Unterhaltung zu bieten und dennoch einem breiten Publikum aufzuzeigen, wer dieser Mann Edward Snowden eigentlich ist und was er da geleistet hat.
 
Für die zumindest in Deutschland schon fast vergessene Debatte über Massenausspähung für die Sicherheit von unschätzbaren Wert. Doch "Snowden" ist keine Heldengeschichte. Denn Regisseur Oliver Stone, der unter anderem schon durch seinen Film "JFK" einen ambitionierten, die amerikanische Kultur prägenden Film auf die Leinwand brachte, versäumt es nicht zu zeigen, wieso es diese Massenüberwachung gibt. Was der Gedanke dahinter ist und was Snowden mit seinem Verrat eigentlich genau anrichtet. Zumal Snowden aktiv involviert war.
 
Gerade in den patriotischen USA ist es wichtig, die Bewertung von Snowdens Handeln dem Zuschauer selbst zu überlassen. Die markanteste konzeptionelle Schwäche des Films ist, dass er im Ausklang dann doch eine Bewertung vornimmt und Edward Snowden als Held und Märtyrer darstellt. Beeindruckend hingegen, wie am Ende Darsteller Gordon-Levitt zu Edward Snowden selbst wird und so subtil gezeigt wird, dass es nicht eine ungefähre Auflistung der Ereignisse sondern eine ganz konkrete Darstellung eines Lebensweges ist, in die die Titel-gebende Figur auch involviert war.
 
 
 
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Eine hoch-prominente Besetzung die den Erwartungen gerecht wird
 
Der Cast, auf den Regisseur Oliver Stone zurückgreifen konnte, ist indes eine Ansammlung von Darstellern, die in den letzten Jahren Kultfiguren ihr Gesicht liehen. Zachary Quinto, der den Snowden-nahen Journalisten Glen Greenwald verkörpert dürfte den Zuschauern noch gut als "Spock" aus den neuen "Star Trek"-Filmen bekannt sein.
 
Auch Shailene Woodley als Snowdens Freundin Lindsay Mills hat sich durch ihre Rolle als Tris in den "Divergent"-Filmen bereits in die Herzen vieler Menschen gespielt. Ihr ist besonders anzurechnen, dass ihr der Schritt weg vom Teenie-Idol und den sie so charakterisierenden "Divergent"-Filmen scheinbar mühelos gegangen ist und sich damit auch in Zukunft für Rollen jeden Genres anbieten kann. Die Oscar-Preisträger Nicolas Cage als Snowdens Mentor und Tom Wilkinson als Journalist Ewen MacAskill runden den Cast wunderbar ab.
 
Besonders hervorzuheben ist Joseph Gordon-Levitt, der Edward Snowden nicht nur überraschend ähnlich sieht, sondern vor allem dessen Empfindungen, Gedanken und Handlung mit einer solch kraftvollen Zerrissenheit wiedergibt, ohne dabei den schüchternen, introvertierten Aspekt seiner Rolle je außer Acht zu lassen. Gordon-Levitt, der vor allem durch seine bekannten, hervorragend gespielten Nebenrollen auffiel ("Inception", "The Dark Knight Rises"), trägt als Protagonist den ganzen Film. Das lässt sich gar nicht genug würdigen.
 
 
 
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Gesellschaftliche Relevanz in jedem Fall gegeben
 
Erst 2014 erschien der später mit dem Oscar ausgezeichnete Dokumentarfilm "Citizenfour" von Laura Poitras. Ist es da sinnvoll, bereits zwei Jahre später einen weiteren Snowden-Film zu veröffentlichen? Ja, aber es muss alles passen. Es braucht ein schlüssiges Konzept, dass sich vom Dokumentarfilm unterscheidet, ohne von ihm zu weit abzuweichen. Das auch der weltweiten Betroffenheit und der damit verbunden Bürde, weiter aufzuklären, gerecht wird.
 
Es braucht einen Cast mit Strahlkraft, einen authentischen Hauptdarsteller und eine gesunde Mischung aus Fiktion und Fakten - inklusive einer deutlichen Unterscheidung derer. Dann ist so ein Film sinnvoll. "Snowden" erfüllt trotz marginaler Schwächen diese Ansprüche. Den Oscar 2016 bekam der Film Spotlight - herausgehoben wurde (stark verkürzt) unter anderem dessen Bedeutung für die Gesellschaft. Geht es auch 2017 nach diesem Aspekt, kommt die Jury an "Snowden" 2017 nicht vorbei. Wenn nicht, bleibt er ein heißer Kandidat.
 
 
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