***Filmtipp***

mholmes tipp
  
Autor: Alexander Friedrich
 
IM KINO: Mr. Holmes!!
 
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Der berühmte Meisterdetektiv Sherlock Holmes kehrt auf die Leinwand zurück. Nach den stylischen Action-Filmen von Guy Ritchie mit Robert Downey Jr. ist „Mr. Holmes“ nun eine deutlich klassischere Adaption mit viel Licht und Schatten.
 
1947. Der allseits berühmte Sherlock Holmes (Ian McKellen) ist mittlerweile im Ruhestand und nur noch ein Schatten seiner selbst. Der schon 93 Jahre alte Detektiv leidet an Demenz und ist gerade dabei, seine letzten Fälle für seine Memoiren zu Papier zu bringen, doch eben die Lösung seines letzten Falls will ihm nicht mehr einfallen. Hilfe bekommt er vom jungen Roger (Milo Parker), dem Sohn seiner verklemmten Haushälterin Mrs. Munro (Laura Linney). Gemeinsam versuchen beide die letzten Erinnerungsfetzen des einstigen Meisterdetektivs zusammenzufügen, während dieser mehr und mehr sein Gedächtnis verliert.
 
 
 
 
Zurück zu den Wurzeln
 
Mit den beiden „Sherlock Holmes“-Filmen von Guy Ritchie ist „Mr. Holmes“ in keinster Weise mehr zu vergleichen. Auch mit der erfolgreichen BBC-Serie „Sherlock“, welche die Abenteuer von Holmes und Watson ins London der Gegenwart verlegt, gibt es hier wenig Gemeinsamkeiten. „Mr. Holmes“ ist vielmehr eine ganz klassische britische Hommage an das Original.
 
Nach den kompletten Neu-Interpretationen mit Robert Downey Jr. und Benedict Cumberbatch kommt Bill Condons Version ganz ohne Bombast-Action oder krassen Stilmitteln aus. Stattdessen gibt es typisch dezent scharfe Dialoge mit gewohnt britischem Humor und ganz konventioneller Aufarbeitung von Fakten und Beweismitteln. Amüsant sind speziell die klaren Bezüge auf typische Holmes-Klischees wie Mütze und Pfeife, die Condon und McKellen nett auf die Schippe nehmen. Ungewohnt dagegen ist natürlich der Umstand, dass Sherlock Holmes selbst deutlich in die Jahre gekommen ist und gerne mal vergisst, was ihm gerade noch so brillant eingefallen ist.
 
„Mr. Holmes“ spielt in drei klar getrennten Handlungsebenen. Da wäre das Hier und Jetzt, in dem Holmes, umgeben von seiner Haushälterin und Sohn Roger, versucht, sich an seinen letzten Fall zu erinnern. Dann eben jener Fall, bei dem Holmes in London das seltsame Verhalten der Gattin seines Klienten nachgeht und eine dritte Handlungsebene, wo Holmes eine Reise durch Japan erlebt. Während die ersten zwei Stränge klar im Zusammenhang stehen, kommt die Erzählung in Japan sehr verloren daher. Erst gegen Ende bekommt dieser Abschnitt seine Relevanz, doch bis dahin hat man als Zuschauer längst das Interesse an dieser scheinbar unwichtigen Nebenhandlung verloren.
 
Überhaupt stehen die drei Geschichten sich ständig im Weg und bremsen sich gegenseitig aus. Gerade wenn es richtig interessant wird, wechselt das Geschehen in eine der beiden anderen Handlungsstränge und nimmt erst mal das Tempo wieder heraus. „Mr. Holmes“ schafft es so leider nie an narrativer Dynamik zu gewinnen und kommt somit insgesamt mit einem sehr trägen Erzähltempo daher. Spannung geht anders.
 
 
 
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Wenn ein Sir den Film rettet
 
Wo „Mr. Holmes“ an seiner Dramaturgie scheitert, blüht es bei seinen Charakteren auf. Ian McKellen („X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ und „Der Hobbit“) ist so ideal als Besetzung für Sherlock Holmes, das man sich fragen kann, warum schon vorher noch nie einer auf diese Idee gekommen ist. Den in die Jahre gekommenen aber immer noch cleveren Detektiv nimmt man dem Gandalf-Darsteller zu jeder Sekunde ab.
 
Auch Haushälterin Mrs. Munro und der kleine Roger sind sehr gut besetzt. Es ist die besondere Beziehung zwischen eben diesen drei Figuren, die „Mr. Holmes“ ausmacht und für Lebendigkeit sorgt. Bill Condos Interpretation ist nicht nur ein klassischer, sondern vor allem ein emotionaler Holmes. Allerdings dürfte die Abwesenheit bekannter Figuren aus dem Universum wie Dr. Watson, Inspektor Lestrade oder Bruder Mycroft den einen oder anderen Fan ernüchtern. Auch Ausflüge ins alte London sind äußerst selten. Der letzte Fall Holmes, der schließlich seine Auflösung bekommt, ist dann auch gar nicht so besonders ausgefallen, hat dennoch seine typische Schlusswendung.
 
 
 
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Fazit
 
Guy Ritchies actiongeladene fast schon Steam-Punk anmutende „Sherlock Holmes“-Reihe glänzt mit Abwesenheit, die großartige Serie „Sherlock“ macht gerade Pause. Da ist ein endlich mal wieder ganz normaler konventioneller Sherlock Holmes mit all seinem britischen Charme genau richtig.
 
Das Comeback fällt jedoch nur mäßig aus, „Mr. Holmes“ ist einfach viel zu zäh geraten und nimmt mit seinen ständigen Handlungswechseln unnötig die Luft raus. Voll aufgehen tut dagegen Ian McKellen, der für die Rolle des Meisterdetektivs wie gemacht zu sein scheint. Gerne sehen wir den Sir erneut als Mr. Holmes, nur bitte das nächste Mal etwas aufregender.