***Filmtipp***

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Autor: Tim Prahle / Universal Pictures
 
15.10.2015: Crimson Peak!!
 
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„Hüte dich vor Crimson Peak“. Diesen Satz kriegen Hauptfigur Edith Cushing (Mia Kawikowska) und die Zuschauer bereits wenige Minuten nach Beginn des Filmes zu hören. Der Geist von Ediths Mutter warnt jene vor etwas, dass dem Zuschauer lange unbekannt bleibt – und ihn in eine gewisse Unruhe versetzt.

Edith Cushing ist eine junge aufstrebende Schriftstellerin aus dem Buffalo des frühen 20. Jahrhunderts. Durch ihre Visionen von Geistern (meist dem ihrer verstorbenen Mutter) und ihr eigenwillige Fantasie, scheint sie nicht so recht in das oberflächliche Leben der High Society hineinzupassen. Trotz ihres fürsorglichen – wenn auch sehr beschäftigten – Vaters Sir Carter Cushing (Jim Beaver), sowie Ihrem Freund aus Kindheitstagen, Dr. Alan McMichael (Charlie Hunnam), zieht sie sich immer mehr von deren Leben zurück.
 
Doch eines Tages tritt ein ungewöhnliches Geschwisterpaar in Ediths Leben: Sir Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) und Lady Lucille Sharpe (Jessica Chastein). Zu Thomas Sharpe – der wie Edith ein Außenseiter und Träumer zu sein scheint - fühlt sich Selbige schon nach kurzer Zeit stark hingezogen.
 
Lucille Sharpe wirkt hingegen von einer geheimnisvollen Aura ummantelt, die sie erstmal sehr introvertiert wirken lässt.
 
Nach dem mysteriösen Tod ihres Vaters folgt Edith den Geschwistern auf deren hochherrschaftliches Anwesen „Allerdale Hall“, eine uralte riesige Villa im englischen Hügelland. Nichtsahnend, dass mit jedem Schritt, der Warnung ihrer Mutter ein bisschen näher kommt.
 
 
 
 
Lehm draußen, Geister drinnen
 
Die Haupthandlung spielt in dieser uralten Villa, in „Allerdale Hall“. Um das unheimliche, wenn auch eindrucksvolle Gebäude herum liegt größtenteils rotgefärbter Schnee. Die Lehmvorkommen unter dem Anwesen tauchen auch seine Umgebung in diese, wie in solchen Filmen üblich, so unheilvolle Farbe. Der Film lässt seine Zuschauer also mitfühlen, in welcher unheilvollen, kalten Umgebung sich Edith aufhält.
 
Wie schon in Buffalo begegnen ihr zu allem Überfluss auch hier Geister: keine schwebenden Bettlaken, sondern missgestaltete und fleischliche Wesen, die sie jedes Mal in Angst und Schrecken versetzen, gleichzeitig jedoch ihr auch etwas sagen zu wollen scheinen. Doch ruft sie jemanden zu Hilfe sind diese Erscheinungen nicht mehr zu sehen. Als seien sie nur ein Produkt ihrer lebhaften Fantasie. Ihre Schwägerin Lucille – ohnehin ein sehr eigenartiger Mensch - verhält sich zudem mit fortlaufender Zeit immer seltsamer.
 
Die beiden unterscheiden sich wie Tag und Nacht und Reibereien zwischen den beiden scheinen nicht ausgeschlossen. So will Lucille beispielsweise, Edith und deren Mann, also ihren Bruder Thomas immer in der Näher wissen. Warum, bleibt zunächst unklar. Auch Lucilles Verbot gegenüber Edith, bestimmte Bereiche des Hauses zu betreten, ist nicht nur ein klassisches Krimi- und Horrorelement, sondern trägt auch nicht gerade zu einer ausgelassenen Stimmung bei.
 
 
 
Die „dunkelste Version eines Märchens“
 
Regisseur Guillermo del Toro („Pacific Rim“) ist gleichzeitig auch Co-Autor es Drehbuches. Er ist auch hauptverantwortlich für die bildgewaltige und symbolträchtige Umsetzung der Geschichte. Del Toro bezeichnet „Crimson Peak“ sehr treffend als „dunkelste Version eines Märchens“ in dem sich die Hauptfigur vom Mädchen zur Frau entwickelt und dabei „eine Reise durch die Unterwelt“ gehe.
 
Mia Wasikowska („Alice im Wunderland“) ist für genau diesen Prozess eine sehr gute Besetzung. Wie schon in Tim Burtons „Alice im Wunderland“ muss sich die Hauptfigur mit surrealen Begebenheiten auseinandersetzen und durchlebt dabei einen beschwerlichen Weg vom naiven neugierigen Mädchen zur starken selbstbewussten Frau. Die Züge sind in „Crimson Peak“ nicht ganz so deutlich gezeichnet, das Grundprinzip ist aber gleich.
 
An ihrer Seite spielt mit Tom Hiddleston („Thor- The Dark Kingdom“) ein weiteres bekanntes Gesicht. Als Loki mimte Hiddleston in den Marvell-Filmen bereits einen Meister der Verführung und der List, in „Crimson Peak“ handelt er und wirkt zunächst sehr ähnlich. Allerdings ist seine Rolle Sir Thomas Sharpe viel verletzlicher aber undurchschaubarer angesetzt.
 
Komplettiert wird das Dreiergespann  von Jessica Chastain (Zero Dark Thirty), die die Rolle der Lady Lucille Sharpe verkörpert. Die bereits zwei Mal für den Oscar nominierte Schauspielerin nimmt den Zuschauer mit ihrer unnahbaren Art förmlich ein.
 
 
 
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Monster aus Liebe: Guillermo del Toros CRIMSON PEAK
 
Mit seinem neuen Film verleiht del Toro der Filmgattung, die er mitdefinierte, erneut seine unverwechselbare Imagination. In "Crimson Peak" verbindet sich eine subtile Romanze mit filmischer Handwerkskunst, die auf die größten Triumphe des Genres zurück gehen. Gleichzeitig zeigt del Toro auf seine ganz eigene Weise spektakuläre Bilder, facettenreiche Charaktere, emotionsgeladene Schauspielleistungen und eine Geschichte, die die Zuschauer bis zum bitteren Ende nicht loslässt.
 
Zeitlich im Jahr 1901 verortet, durchzieht CRIMSON PEAK eine hoch stilisierte, schaurige Atmosphäre in der Tradition der Gothic Novels – eine Reise zu einem unvergleichlich furchterregenden Ort, wo der Schnee von rotem Blut durchtränkt ist und in jeder Ecke Phänomene lauern, die noch lange nach dem Abspann in Erinnerung bleiben.
 
Bei seinem bislang kraftvollsten und provokantesten Film unterstützte del Toro ein Team aus renommierten Künstlern und Filmschaffenden, darunter der dänische Kameramann Dan Laustsen (Silent Hill, Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen), Cutter Bernat Vilaplana (Hellboy II, Pans Labyrinth), Produktionsdesigner Thomas Sanders (Saving Private Ryan, Braveheart), Kostümbildnerin Kate Hawley (Pacific Rim) und Komponist Fernando Velázquez (Mama, Das Waisenhaus).
 
Auf Basis des Drehbuchs, das er mit seinem langjährigen Kollegen Matthew Robbins (Mimic, Don’t Be Afraid of the Dark) schrieb, kooperierte del Toro im Bereich Produktion mit seinem bewährten Team bei Pacific Rim, den Produzenten Callum Greene (Der Hobbit: Smaugs Einöde, Lost in Translation), Thomas Tull von Legendary Pictures (The Dark Knight Rises, Inception), Jon Jashni (Godzilla, Warcraft) sowie der Ausführenden Produzentin Jillian Share (Seventh Son, Warcraft).
 
 
 
Schaurige Empfindsamkeiten: Die kreative Vision
 
Guillermo del Toro bewies allen, die an der Produktion von CRIMSON PEAK beteiligt waren, sein enzyklopädisches Wissen über die Ära des Viktorianismus. Seine Expertise bewirkte intensive Farb- und Textur-Diskussionen mit dem Ausstatter, ebenfalls ein Fachmann dieses klassischen Stils. Als der Regisseur „Bradbury & Bradbury“-Tapeten verlangte, begab sich Vieau auf die Suche und zeigte sich erfinderisch: Er fand Möbel und Dekor aus dieser Zeit, ohne nach England reisen zu müssen. In Los Angeles fand er einen Bildteppich aus dem 17. Jahrhundert, der für Allerdale Hall verwendet wurde und die verblichene Opulenz dieses Anwesens spiegelt.  
 
Laut del Toro bestand die Hauptaufgabe der Art Direction für CRIMSON PEAK darin, zwei komplett verschiedene Kapitel aufzuschlagen. Der erste Teil spielt in Amerika, einer Welt aus Gold-, Tabak- und Sepiatönen – den Farben von Fortschritt und Leben. In England ist alles kalt und dunkel, geisterhaft.
 
Del Toro liebt, von natürlichen Blättern inspirierte, smaragdgrüne Töne. Seine Farbwahl schafft Stimmungen, Atmosphäre – die mystische Welt seiner Vorstellungskraft. So verschmilzt Lucilles Garderobe beispielsweise regelrecht mit der Architektur: Auch das Schlafzimmer in Allerdale Hall ist mit dickem Samt dekoriert, die Vorhänge aus mehrlagiger Seide.
 
Als Leitfaden zieht sich das Wort „Angst“ durch die verschiedenen Schichten des Hauses. Die Tapeten mit den Faltern und Schmetterlingen sind Spezialanfertigungen, deren Motiv del Toro auf den Teppichen und in den Gängen wiederholt haben wollte. Sie symbolisieren Lucilles Faszination mit Fallen, die sie Menschen und Dingen stellt. „Angst“ ist der Grundstoff dieses Hauses und mischt sich mit Bedrohung und tiefem Schrecken – wie es sich für ein Haus gehört, in dem es spukt.
 
 
 
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Hüte dich vor Tiefrot: Die Kostüme
 
„Träumerisch und theatral“: So beschreibt Kostümbildnerin Kate Hawley CRIMSON PEAK. Guillermo del Toro präsentierte ihr das Projekt mit den Worten: „Wir werden die Kostüme bauen und die Architektur einkleiden.“ Sie und ihr Team entwarfen eine Garderobe, die del Toros bauliche Vision begleitete. „Seine Arbeit verläuft in Schichten: Es gibt märchenhafte, historische, poetische Elemente...“, berichtet Hawley. In der frühen Phase des Designprozesses gab es vor allem Absprachen über Farbe und Atmosphäre: die amerikanischen Kleider repräsentieren Sommer, Gold und Tabak, Fortschritt und Wachstum. In England herrschen verwelktes Laub, Winter, tiefe Blautöne und Blassgrün.
 
Schwarz, weiß und rot waren für die Garderoben in Buffalo nicht vorgesehen – also entschied sich Hawley für eine Palette aus Creme, Holzkohle und gebranntem Orange. In diesen Szenen gibt es keine Highlights oder Schatten, während die Figuren in Allerdale von schweren dunklen Stoffen regelrecht in ihre Gothic Love Story herabgezogen werden.  Hawleys Team entwickelte eine solch innige Verbindung mit den Kostümen, dass sie den Kreationen Namen gaben. Der „Buffalo Bookworm“ ist Ediths maskulin geschneidertes Ensemble à la „Frankenstein“-Autorin Mary Shelley.
 
Das auf einem Klimt-Gemälde basierende „Heartbreak Dress“ ist ein zartes, fragiles Kleid mit einem Blumen-Herz-Ornament in der Mitte. Als Unterstützung ihrer Geschichte sind Blumen ein Hauptmotiv in Ediths Kleidung, laut Hawley, Ausdruck ihrer Schaffenskraft und ihres großzügen Wesens. Ihr Brautkleid wiederum ist mit einer Kette aus Veilchen bedruckt, dem viktorianischen Symbol für Erinnerung und Trauer.
 
Lucilles Kleider hingegen zieren Motive verwelkter Blätter, die Mangel und Dürre suggerieren. Hawleys Entwürfe akzentuieren Lucilles dünne Gestalt, deren Knochen sich durch den Stoff drücken. Ihre hagere Silhouette ähnelt den langen, engen Formen des Hauses. Ähnlich wie Thomas scheint sie chamäleonartig mit dem Haus verschmelzen zu können. Um diese Grenzen noch mehr aufzuheben, nutzte die Kostümabteilung alte Nähtechniken, um die Kleidung in stundenlanger Kleinarbeit akkurat zu fälteln, was die Outfits fließen und flattern ließ wie del Toros geliebte Insekten.
 
Als schließlich die Farbe Rot für das Kleid eines Geistes eingesetzt wurde, erinnert sich Hawley an die Intensität: „Das war gewaltige Bildsprache.“ Anders als die meisten Gespenster, die wir bisher auf der Kinoleinwand erlebt haben, wirken del Toros Geister real – eher unheimliche Versionen ihres früheren Selbst als ästhetische Phantome. Diskussionen zwischen del Toro und Hawley endeten in genau diesem Sinne: „Horror braucht eine gewisse Schönheit.“
 
 
 
Zwei Stunden voller Unruhe
 
Neben eindrucksvollen Bildern überzeugen in „Crimson Peak“ vor allem die Schauspieler. Die Zuschauer werden ansonsten mit einer durchwegs unruhigen und bedrohlichen Atmosphäre konfrontiert, die einen zwar in ihren Bann zieht, aber die durch langatmigen Dialoge auch oftmals wieder an Wirkung verliert.
 
Was eben noch Bedrohung und Grusel war, artet also vereinzelt schnell in Langeweile aus. Denn der Film lebt nun mal hauptsächlich von seiner Atmosphäre und den visuellen Effekten. Deshalb dürfte „Crimson Peak“ wohl auch nicht jeden Geschmack treffen, eignet sich aber auf alle Fälle hervorragend für einen schönen Gruselabend im Kino.