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Autor: Jonas Sticherling
 
Schwarzer Humor, sprechende Tiere und ein verrückter Ryan Reynolds bilden die Grundpfeiler für die herrlich schräge Komödie von der iranischen Independent-Regisseurin Marjane Satrapi. Trotz eines bisher mageren Erfolgs in den USA verdient diese bitterböse Gesellschaftskritik mehr Aufmerksamkeit.
 
Der liebenswerte Fabrikangestellte Jerry (Ryan Reynolds) lebt ein beschauliches Leben. Obwohl er keine Freunde hat, ist er glücklich. Zusammen mit seinem Hund Bosco und seiner Katze Mr. Whiskers lebt er in einer kleinen Wohnung über einer Bowlingbahn.
 
Er hat außerdem ein Auge auf seine Kollegin Fiona (Gemma Arterton) aus der Buchhaltung geworfen. Seine Psychotherapeutin ermutigt ihn in ihren regelmäßigen Sitzungen Fiona auf ein Date einzuladen. Und auch Bosco ermutigt ihn, während Mr. Whiskers ihn beleidigt und anstachelt. Jerry redet nämlich mit seinen Haustieren. Das wäre auch kein Problem, wenn nicht Mr. Whiskers ihn zunehmend anstacheln würde Fiona umzubringen. Jerrys Leben gerät aus der Bahn und er rutscht ab in eine albtraumhafte Welt der Psychose.
 
 
„The Voices“ klingt verlockend schräg und ist es auch. Der Film bietet doch sogleich sehr viel mehr und ist auch etwas mit Vorsicht zu genießen. Während der Streifen auf Filmfestivals Erfolge für seine unkonventionelle Art hatte, so wurde er bisher im amerikanischen Raum verschmäht. Trotz einer interessanten Besetzung mit Ryan Reynolds, Gemma Arterton und Anna Kendrick wurde der Film in den USA nach einem katastrophalen Eröffnungswochenende als „Video on Demand“ und „Limited Release“ auf die Ersatzbank gesetzt.
 
Die Gründe für diesen bisher mageren Erfolg mögen vor allem an der Art des Filmes liegen. Regisseurin Marjane Satrapi, Urenkelin des Schahs von Persien und mit einem Oscar für Ihren Film „Persepolis“ nominiert, ist mit ihrem Werdegang auch eine gewisse Skurrilität.
 
Auch Drehbuchautor Michael R. Perry, der zuvor an Skripten für „Law and Order“ sowie „Paranormal Activity“ 2-4 als Co-Autor mitwirkte, überraschte und schaffte es aus mit einem Mix dieser beiden Genres und einer satten Brise Humor sein Drehbuch zu „The Voices“ auf der legendäre Hollywood Black List zu platzieren, jener Liste mit vielversprechenden Drehbüchern, die als freie Bücher zum Erwerb stehen. Durch die spannende Mischung aus Horror, Comedy und Drama und den Hang zum Skurrilen von Marjane Satrapi wurde der Film zu etwas besonderen. Besonders interessant ist hierbei, dass Sunnyboy Ryan Reynolds besetzt wurde, der in Liebeskomödien ein weibliches Publikum überzeugen konnte, aber bisher eher durch Fehlgriffe bei seiner Karrierewahl aufgefallen ist.
 
Nach Flops wie RIPD, Green Lantern oder Safe House ist es deshalb umso angenehmer zu sehen, dass er auch bösere und facettenreichere Rollen spielen kann. Er überzeugt in seiner Rolle als geistig verwirrter, schizophrener Jerry, der zunehmend zum Serienmörder wird. Nicht zuletzt durch seine Performance wird der Film trotz seiner sich steigernden Härte glaubwürdig und interessant. Auch Gemma Arterton, bekannt durch B-Movies wie „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ kann als liebenswürdige Büroangestellte Fiona überzeugen und Anna Kendrick schafft es als schüchterne Kollegin für Lacher zu sorgen.
 
Der Film bietet knallige Farben und abwechslungsreiche Handlungsorte, die einen zum Teil fast an einen Wes Anderson Film erinnern. Außerdem wird er bevölkert von ebenso abwegigen Figuren, wie einem chinesischen, hochmotivierten Elvis-Double in einem asiatischen Fast Food Restaurant, oder den beiden Figuren des Boscos und Mr. Whiskers. Letztere stellen als gutmütiger Kamerad und Wegbegleiter, beziehungsweise fieser, manipulativer Mitbewohner, die beiden Stimmen des Gewissens, das Engelchen und das Teufelchen, in Jerry dar.
 
Trotz seiner spannenden, teils unvorhersehbaren Handlung, tollen Humor und interessanten Cast hat der Film allerdings auch eine Schwäche: Die Bewerbung. Wieder einmal wird hier leider ein Film als etwas dargestellt, was er nicht ist, denn der Film ist eben nicht nur eine schräge, leicht schwarze Komödie sondern vielmehr eine satirische, bitterböse, teils dramatische Gesellschaftskritik mit Horroreinlagen.
 
Was erst einmal zu viel für einen Film klingt ist schnell erklärt. Während „The Voices“ im ersten Drittel meist auf Situationskomik und die herrlich albernen Dialoge zwischen Jerry und seinen Haustieren aufbaut, nimmt er ab dem zweiten Drittel einen deutlich düsteren Ton an und wird auch im Humor böser.
 
So wird der Humor ab der Hälfte so schwarz, dass man zum Teil nur lacht, weil man nicht weiß wie man die Bilder auf der Leinwand nicht zuordnen und verarbeiten kann. Der Witz liegt ab diesem Moment vor allem im Gegensatz zwischen dem erzählten und gezeigten. Auch wird durch die satirischen Mittel der Umgang mit geistigen Krankheiten, der Psychotherapie als Behandlungsmethode und der Medikation als Universalheilmittel beleuchtet und gibt dem Film einen gesellschaftskritischen Touch.
 
Das Ende ist die logische Zuspitzung dieser Gegensätze und ist so schockierend, dass die Filmemacher den Abspann mit einer abwegigen Musical- und Tanzpassage unterlegen und den Zuschauer mit einem „Was zur Hölle“-Gesichtsausdruck hinausgehen lassen.
 
Ist der Film deswegen schlechter? Auf keinen Fall. Wenn überhaupt gewinnt der schräge Streifen durch diese Unvorhersehbarkeit und die gravierenden Gegensätze.
 
Denn „The Voices“ überzeugt durchwegs mit seiner Mischung aus knalligen Farben, skurrilen Charakteren und brutalen Gegensätzen. Jeder Fan von schwarzen Komödien wird hier garantiert seinen Spaß haben.
 
Dennoch eine Warnung: Der Film ist deutlich härter als es im Trailer vermuten lässt und ist deshalb auch nur für ein erwachsenes Publikum zu empfehlen.