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Autorin: Simone Michel
 
Beruhend auf einer wahren Geschichte, wird dem Publikum mit dem Oscar-verdächtigen Film „The Big Short“ eine hochkarätig besetzte Tragikkomödie um die aktuelle Weltwirtschaftskrise präsentiert, die neben dem Cast durch ihre besondere Machart auffällt.
 
Wir befinden uns im Jahr 2005 an der New Yorker Wall Street. Den skurrilen Hedgefond-Manager Dr. Michael Burry (Christian Bale) packt während einer Hörrunde Heavy Metal-Songs eine unglaubliche Erkenntnis: Seine Berechnungen ergeben, dass die gesamte Weltwirtschaft in wenigen Jahren zusammenbrechen wird.
 
Schuld daran sollen die Banken sein, welche an ahnungslose US-Bürger beliebiger sozialer Milieus günstige und nur vermeintlich sichere Immobilien vergeben, die hervorragende Renditen versprechen. Doch niemand will Burry Glauben schenken. So entwirft er seinen eigenen Plan vom „Big Short“: Mit Hilfe sogenannter „Shortings“, Leerkäufe von Aktien der großen Investmentbanken, wettet er gegen das Finanzsystem. Auf diese Weise verspricht er sich das große Geld.
 
Burrys Prognose macht die Runde und weitere Spekulanten begeben sich auf einen moralisch fragwürdigen Weg, der mit dem Geld von Millionen von Menschen spielt. So zum Beispiel der skrupellose Deutsche Bank-Makler Jared Vennett (Ryan Gosling), welcher versucht den gutmütigen Trader Mark Baum (Steve Carell) mit ins Boot zu holen. Auch zwei weitere junge Investoren (Finn Wittrock und John Magaro) glauben an die verheerende Finanzkrise und suchen sich durch den ehemaligen Profi-Investor Ben Rickert (Brad Pitt) Unterstützung auf ihrer Reise zum großen Geld, die durch Habgier und moralische Zweifel geprägt ist.

 
Die besondere Machart
 
Regisseur Michael McKay zeigt hier, dass er mehr als klamaukigen Humor verpacken kann. Dieser ist bisher vor allem bekannt durch die Regie bei „Saturday Night Live“ und den „Anchorman“-Filmen. Basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Michael Lewis, der auch Autor von „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ und „Blind Side – Die große Chance“ ist, wagt sich McKay mit „The Big Short“ an ein aktuelles sowie heikles Thema.
 
„The Big Short“ fällt durch seine besondere Machart auf, die sich von einigen Hollywood-Produktionen abhebt. Zunächst führt Ryan Gosling in der Rolle des zynischen Jared Vennett als Erzähler durch die Handlung, der sich immer wieder direkt in die Kamera dem Kinopublikum zuwendet. Er erscheint nahezu wie eine Werbefigur, die den Zuschauern die Finanzwelt näher bringen machen will.
 
Unterstützt wird er hierbei zwischenzeitlich durch reale Bilder der Wall Street und kurze Einspieler von Prominenten wie Margot Robbie und Selena Gomez, die sich selbst verkörpern. Sie definieren wirtschaftliche Begrifflichkeiten aus ungewöhnlichen Situationen heraus, auch wenn sie selbst so gar nichts mit der Branche zu tun zu haben scheinen. Dies verleiht der doch sehr ernsten und trockenen Thematik Humor und ein wenig Leichtigkeit, was auf ein ordentliches Maß an Sarkasmus hindeutet.
 
„The Big Short“ ist jedoch keine klassische Komödie. Zwar gibt es immer wieder Szenen, die amüsant sind, genau wie die Charaktere, doch es ist deutlich spürbar, dass es sich um keinen Scherz handelt. Der Film erzählt die Geschichte einer Krise, die bereits Millionen von Menschen ihren Job und ihr Heim gekostet haben. Der sarkastische Humor richtet sich vielmehr in Richtung der Banken, ihrer Bosse sowie all jener, die Profit aus dem Leid der Menschen zu schlagen versuchen. Er unterstreicht ihre Ignoranz und Habgier und regt den Zuschauer zum denken über Moral an.
 
Hollywoods Elite
 
Doch wird weniger das Thema des Films, sondern eher die Besetzung der Grund für Kinofans sein, sich „The Big Short“ anzuschauen. Zu Recht, denn die Macher versammeln die Elite Hollywoods vor der Kamera, deren Angehörige ihre Rollen ausgezeichnet spielen. Allen voran steht Christian Bale, der den verschrobenen Hedgefund-Manager Michael Burry verkörpert, welcher den Stein um die Wahrheit ins Rollen bringt. Man mag kaum glauben, dass es sich um eine biografische Nachzeichnung einer echten Person handelt. Bale nimmt die Rolle des unter dem Asperger Syndrom-leidenden Genies sehr ernst und verkörpert den realen Burry bis ins kleinste Detail.
 
Steve Carell ist als Mark Baum in einer für ihn recht ungewöhnlichen Rolle zu sehen. Im Vergleich zu den sonstigen eher amüsanten Charakteren, bildet der clevere Unternehmer einen tiefgründigere Figur, die sich durch die Erkenntnis der bevorstehenden Krise nicht vom moralisch richtigen Weg abbringen lassen will. Dabei ist Baum aber zugleich eine recht tragischer Charakter, der langsam von seinem Finanz-Job aufgefressen zu werden droht. Carell zeigt hier, dass er auch facettenreiche Figuren überzeugend spielen kann.
 
Das böse Teufelchen auf Baums Schulter stellt der Deutsche Bank-Angestellte Jared Vennett dar. Er hat keine Zweifel daran, dass er aus der bevorstehenden Finanzkrise jede Menge Cash herausholen kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Auch wenn Vennett zwischendurch als Erzähler fungiert, so ist sein Charakter jedoch nicht sehr zentral.
 
Wer bei „The Big Short“ daneben nahezu in der Versenkung verschwindet, ist Brad Pitt. Dieser taucht als einstiger Star-Investor Ben Rickert lediglich kurz auf, um zwei Bekannten zu helfen ihren Traum vom großen Geld zu erfüllen. Dabei lässt er es sich aber nicht nehmen mit der moralischen Keule zu schwingen. Als Produzent scheint sich Brad Pitt allgemein gerne in solchen Rollen zu zeigen, wie zuletzt in „12 Years a Slave“. Auch in „The Big Short“ bildet er einen recht eindimensionalen Charakter, der wohl nicht umsonst einen relativ kurzen Auftritt hat.
 
Die zwei jungen Bekannten von Rickert bilden Charlie Geller und Jamie Shipley, die als Grünschnäbel der Finanzbranche noch nicht genau wissen wie sie mit der Erkenntnis von Burry umgehen sollen. Sie bilden zwei sympathische Charaktere, die sich für kurze Zeit zwischen den (moralischen) Seiten hin und her gerissen fühlen. Während hier der Schauspieler John Magaro als Charlie noch recht unbekannt ist, so erkennen wohl zumindest ein paar Zuschauer Finn Wittrock wieder, der den Jung-Investor Jamie mimt. Dieser hat bereits in verschiedenen Rollen der US-Serie „American Horror Story“ überzeugen können, wo er sein schauspielerisches Potenzial voll ausschöpfen durfte. Dies ist ihm bei „The Big Short“ leider kaum möglich.
 
„Bester Film“ 2016?
 
Es ist schwierig „The Big Short“ in wenigen Worten zusammenzufassen. Genauso wenig lässt sich sagen, ob der Film den Geschmack der Mehrheit treffen wird. Denn, so interessant wie Machart und Cast auch sind, das Thema bleibt ein eher trockenes. Hinsichtlich der Dramaturgie ist „The Big Short“ nicht durchweg spannend und manchmal sogar etwas verwirrend. Da hilft auch leider eine Veranschaulichung der Finanz-Begriffe durch Margot Robbie und Selena Gomez kaum.
 
Angesichts der vier Golden Globe Nominierungen und der Gerüchte um weitere Oscar-Nominierungen, ist „The Big Short“ einer der interessanteren Neustarts. Dennoch wird er es als „Bester Film“ möglicherweise nicht allzu leicht haben. Es bleiben daneben aber Kategorien wie „Bester Hauptdarsteller“, „Bestes adaptiertes Drehbuch“, „Beste Kamera“ und einige mehr, bei denen „The Big Short“ nicht nur heißer Anwärter auf eine Nominierung für einen Academy Award 2016 sein dürfte, sondern auch auf einen Sieg hoffen kann.