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Autor: Alexander Friedrich
 
Klangvolle Namen vor und hinter der Kamera machen das Biopic des berühmten Apple Gründers Steven Jobs zu einem vielversprechenden Film. Regisseur Danny Boyle (28 Days Later, Slumdog Millonaire) gelingt es jedoch dabei nicht, seinen Protagonisten von seinen Eigenheiten zu lösen. „Steve Jobs“ verkommt zur zweistündigen Charakterstudie, aus der man nicht schlau wird.
 
Mac, Next, iMac – diese drei Produkte gehören zweifelsohne zu den prägendsten Ereignissen in Steve Jobs Karriere und auch genau um jene Ereignisse dreht sich die filmische Biographie. 1984 stellt Apple in einer öffentlichen Produktpräsentation den Macintosh vor und kurz vor Vorstellungsbeginn muss Apple Gründer Steve Jobs (Michael Fassbender) nicht nur plötzlich streikenden Mac zum Laufen kriegen, auch seine Ex-Freundin Chrisann (Katherine Waterston) taucht auf einmal auf und stellt ihn wegen der gemeinsamen Tochter Lisa zur Rede. Jobs weigert sich nämlich partout, der Vater zu sein.
 
Auch mit Mitgründer Steve Wozniak (Seth Rogen) und CEO John Sculley (Jeff Daniels) muss Jobs einige Streits ausfechten, während Chefberaterin Joanna (Kate Winslet) verzweifelt versucht, die heikle Lage zu beruhigen, damit die Show nicht zum Desaster verkommt.

 
Neuer Versuch mit zwei großen Studios
 
„Jobs“ oder „Steve Jobs“? Das leicht wirre Wortspiel beruht auf der Frage, ob das neue Biopic zur Apple Legende beim Publikum besser abschneidet als Joshua Michael Sterns Variante „Jobs“ von 2013 mit Ashton Kutcher. Dieser wirklich gelungene Film ist besser als sein Ruf, kam er aufgrund seiner so miesen Einnahmen gar nicht erst in die deutschen Kinos. Mit „Steve Jobs“ will Hollywood das ganze nun noch einmal versuchen, schließlich muss sich aus der Erfolgsgeschichte Apples doch etwas machen lassen. Das Rezept ist diesmal: Mehr riskieren. Mit Universal und Legendary Pictures sorgen gleichmal zwei große Studios für die richtige Vermarktung und neben einem großen Star-Aufgebot wurden für die Regie mit Danny Boyle und das Drehbuch mit Aaron Sorkin gleich zwei Oscar-Gewinner aufgestellt.
 
Das macht vor allem deshalb so große Hoffnung, weil Danny Boyle mit seinen Filmen wie „127 Hours“ oder „Sunshine“ ein großes Talent für künstlerische und innovative Bildgestaltung beweist. Für die Geschichte ist Star-Autor Aaron Sorkin (The Social Network) zuständig, der eine ganz besondere Gabe hat, aus trockenen Stoffen große Geschichten mit lebendigen Dialogen zu kreieren.
 
Obwohl „Jobs“ und „Steve Jobs“ dieselben Schlüsselereignisse (Flop des Macintoshs und die Rückkehr von Jobs zu Apple in den 90ern) behandeln, könnten die beiden Filme nicht unterschiedlicher sein. Ist „Jobs“ eine klassische Biographie über den Aufstieg Apples von der Garagenfirma zum Milliardenkonzern mit all seinen Höhen und Tiefen, besteht „Steve Jobs“ aus drei klar getrennten Akten, die eben nur zu den genannten Produktpräsentationen spielen.
 
Da wird auch keine Ausnahme gemacht, alle Szenen spielen sich komplett in den Backstage- und Bühnenräumen des Auditoriums in San Francisco ab. Es ist kaum zu übersehen, dass „Steve Jobs“ ein filmgewordenes Bühnenstück ist. Wenn dann alle Protagonisten hinter der Bühne hitzige Wortgefechte über die Zukunft der Firma und Jobs menschliche Fehler austragen, ist „Steve Jobs“ wortwörtlich ein Blick hinter die Kulissen von Apple.
 
Drei Akte ohne Alleinstellungsmerkmale
 
Der mutig gewählte Ansatz ist durchaus zu begrüßen, doch der Funke will nicht überspringen. Es ist schlichtweg albern, wenn CEO John Scully oder Jobs Ex-Freundin sich eben nur bei der Präsentation eines neuen Apple-Produkts zu Wort melden. Zwischendurch scheinen die Charaktere jedenfalls nichts besprochen zu haben. Zudem haben wir das Gefühl, gleich dreimal den gleichen Film zu sehen.
 
Die drei Akte sind vollkommen austauschbar, weißen keine Klimax oder klaren Alleinstellungsmerkmale auf. In allen dreien hauen sich die stets gleichen Figuren verbal auf die Köpfe mit stets dem gleichen Inhalt. An „Steve Jobs“ stört speziell ein Merkmal, das einen der Kritikpunkte am zwei Jahre jüngeren „Jobs“ ausmerzen sollte. Wurde Steve Jobs dort noch etwas als zu nett und fehlerlos gezeigt, wird Michael Fassbenders Variante nun als ungeschminkte Wahrheit zelebriert. Fassbenders Jobs ist egoistisch, unfreundlich, taktlos, arrogant, schlicht unerträglich rücksichtslos.
 
Aaron Sorkin schafft es dabei, mit ordentlich viel schwarzem Humor, den feurigen Dialogen etwas mehr Lockerheit und die nötige Unterhaltung zu verleihen, doch warm werden will man mit diesem Steve Jobs nicht. Sicherlich war der echte Jobs ein charismatischer Visionär mit vielen menschlichen Makeln und Eigenheiten, doch Sorkin und Boyle wollen sich von diesem Profil nicht lösen und verlassen sich darauf, so den ganzen Film tragen zu können. Eine persönliche Bindung will dabei nicht aufkommen. Wenn im dritten Akt Jobs zum dritten Mal Seth Rogens Steve Wozniak ins Gesicht sagt, das dieser keine Würdigung verdient, stellt sich genau wie bei den bemüht und pseudokünstlerisch inszenierten Dialogen mit John Scully die Frage, wieso man nun die Akte davor sehen musste.
 
Ein guter Cast – kein guter Film
 
Zwar gibt Jobs am Ende des Films dann doch nach und versucht, mit den Personen wieder ins Reine zu kommen, das geschieht jedoch so plötzlich und abrupt, dass ganz klar das Gefühl aufkommt, man hätte sich ohne diesem Abschluss wie bisher nur noch weiter im Kreis gedreht. „Steve Jobs“ verkommt somit zur Farce. Man darf nicht außer Acht lassen, dass Aaron Sorkin es erneut schafft, knackige Dialoge zu schreiben und den Zuschauer bei Laune zu halten, doch wer einmal über den Tellerrand hinausblickt, durchschaut das Spiel und bleibt dennoch ratlos zurück. „Steve Jobs“ wirft Fragen auf, die nicht beantwortet, sondern nur gerechtfertigt werden.
 
Bei aller Kritik am eigentlichen Film und Boyles seltsam „künstlich-künstlerischer“ Gestaltung ist der Cast wirklich lobenswert. Vor allem Kate Winslet weiß wieder einmal mit ihrer lebendigen Leistung zu begeistern. Ihre Chefberaterin Joanne ist tatsächlich die vielleicht prägendste Rolle des Films, die alles zusammenhält. Der Rest der Nebenrollen ist mit Seth Rogen und Jeff Daniels auch wirklich passend besetzt. Michael Fassbender weiß auch mehr als zu überzeugen und all dem Wahnsinn seiner Figur Leben einzuhauchen, doch so richtig abnehmen will man ihm diese Rolle trotzdem nicht. Das liegt einerseits an der wie bereits erwähnt nicht aufkommenden Empathie, hängt aber mehr damit zusammen, dass Fassbender einfach nicht wie Steve Jobs aussehen mag. Hier bleibt Ashton Kutchers Performance in „Jobs“ nicht nur wegen der beängstigend guten optischen Übereinstimmung mit dem Original im Gedächtnis. Kutcher war einfach der lebendigere, schlicht: der bessere Steve Jobs. Denn es gehört zu einer Charakterdarstellung einfach mehr dazu, als allen beteiligten Personen Verachtung ins Gesicht zu werfen.
 
Fazit: „Jobs“ war vielleicht etwas brav, seicht und lückenhaft. „Steve Jobs“ dagegen ist verbal brutal und kompromisslos. Leider geht das wie auch der Schritt zur Bühneninszenierung nach hinten los. Michael Fassbenders Steve Jobs kann am Ende noch so sehr sich bei allen entschuldigen und einsichtig zeigen, die Distanz ist längst zu groß, um noch einmal ins Reine zu kommen. Aaron Sorkin verliert sich in seinem komplett von Dialog geprägtem Drehbuch im Wahnsinn seines Protagonisten und Regisseur Danny Boyle, verpasst es, den drei Akten die nötige Struktur zu verleihen. Da helfen auch keine abstrakten Kadrierungen oder wirr montierten Zeitsprünge weiter. „Steve Jobs“ will ein Biopic sein, doch es will auch ein Theaterstück sein. In all seiner Über-Ambition ist es jedoch keins von beidem. Ein ganz gewiss interessanter wie eigenständiger Film – jedoch kein guter.