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Autorin: Angelika Wessbecher
 
„Glück ist die Fähigkeit, lieben und arbeiten zu können“. Mit diesem Zitat von Sigmund Freud eröffnet der 70-jährige Ben Whittaker (Robert de Niro) seinen Prolog in dem Film „Man lernt nie aus“. Genau an diesen beiden Grundsäulen hapert es im Leben des vitalen Rentners, der sich nach dem Tod seiner geliebten Ehefrau Molly die Zeit mit Hockeyspielen, Yoga und dem Besuch von Beerdigungen vertreibt.
 
Doch eines Tages fällt sein Blick auf ein Plakat, in dem eine Online-Modefirma nach Senior- Praktikanten sucht. Ben ist elektrisiert, wirft einen Blick in den Kleiderschrank, wo sich tadellose, wenn auch etwas konservative Anzüge und Krawatten aneinander reihen, packt seinen angejahrten Aktenkoffer und macht sich auf den Weg. Ein Blick auf die Mitbewerber, die sich in dem schicken Loft in Brooklyn versammeln, zeigt, dass mit „Senior“ zwar wohl ältere Bewerber gemeint waren, aber nicht welche im Greisenalter, so wie Ben den jungen Leuten, die sich in dem hektischen Getriebe tummeln, erscheinen muss. Der in die Jahre gekommene Bewerber konnte auch nicht wissen, dass die Geschäftsführerin Jules Ostin (Anne Hathaway) einen ausgesprochenen Elternkomplex hat und die ältere Generation nachgerade hasst.

 
Damit sind die generationenbedingten Spannungsfelder in dieser Work-Comedy von Nancy Meyers (Drehbuch, Regie und Produktion) skizziert. „Man lernt nie aus“ ist nach einigen Jahren Pause die sechste Arbeit der erfolgreichen Regisseurin (u.a. „Was das Herz begehrt“, „Wenn Liebe so einfach wäre“).
 
Ahnungsloser Senior trifft auf toughe Karrieristin
 
Der Plot spielt unverkennbar auf das Rezept der Erfolgskomödie „Der Teufel trägt Prada“ von 2006 an. Spielte in ihr witzigerweise damals Anne Hathaway die linkische, aber loyale Praktikantin einer biestigen Moderedakteurin , die zu Beginn ihrer Tätigkeit von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, ist hier Robert de Niro als Ben das ahnungslose Pendant einer toughen Chefin. Ben hat ein hoffnungslos veraltetes Handy, weiß nicht einmal, wie er seinen schicken „Apple“ anschalten muss und erhält zunächst konsequent keine Aufgaben, was ihn nicht davon abhält, als letzter zusammen mit der Chefin die Firma zu verlassen. Allerdings ist „Man lernt nie aus“, verglichen mit der gepfefferten Pointiertheit des Vorbilds, bedeutend weichgespülter.
 
Der Reiz dieser Komödie besteht in der Umverteilung von männlichen und weiblichen Qualitäten. Jules ist, jedenfalls zu Beginn des Films, eine beinharte Karrieristin, deren Ehegatte (Nat Wolff) zu Hause bei Tochter Paige (JoJo Kushner) den Hausmann gibt. Ben hat ausgeprägt weibliche, ja mütterliche Qualitäten und versorgt seine ausgepowerte Chefin schon einmal mit Hühnersuppe. Dabei profitieren beide voneinander: Jules lernt es zu schätzen, sich auch einmal klein und schwach zu fühlen und Ben bewundert die Dynamik und den Ehrgeiz seiner jungen Chefin.
 
Als dieser Jules in einer Lebenskrise zum Weitermachen ermutigt, wagt der Film sogar eine Lobrede auf den Feminismus, der sich im übrigen mit dem darin unhinterfragt zelebrierten Turbokapitalismus gut verträgt. An den beiden Protagonisten wird exemplarisch eine Zeitenwende veranschaulicht: Hier der ehemalige Mitarbeiter eines beschaulichen Telefonbuchverlages und da die Chefin einer virtuellen Firma, die einen mörderischen Zeittakt vorgibt.
 
Die Auflösung der anfangs skizzierten Gegensätze ist vorhersehbar und wechselt nach etlichen amüsanten Verwicklungen zu Freundschaft. Den amüsanten Höhepunkt des Films bildet eine Hass-Mail von Jules über ihre Mutter, wobei Ben sie vor den peinlichen Folgen rettet. Auch eine Romanze zwischen dem Hauptdarsteller und dessen Masseurin (René Russo) bahnt sich an, womit auch der zweite Eckpfeiler in Bens Leben wieder gegeben ist.
 
Während der Produktion wechselte die Besetzung der Hauptfiguren einige Male. Zunächst in den Händen von Paramount, waren für die Hauptrollen Tina Fey und Michael Caine vorgesehen, bis Reese Witherspoon und Robert de Niro auf den Plan traten und die Produktion von Warner Bros. übernommen wurde. Schließlich stand mit Anne Hathaway in der Rolle der Chefin die endgültige Besetzung fest.
 
Gedreht wurde hauptsächlich in Brooklyn, vor allem in Innenräumen wie dem Firmen-Loft und dem schicken Brownstone, in dem Jules und ihre Familie leben. Das verleiht dem Film eine kammerspielartige Intimität. Die Filmmusik stammt von Theodore Shapiro, der schon für „Der Teufel trägt Prada“ komponierte.
 
Top-Besetzungen vor und hinter der Kamera
 
Die Hauptrollen des mit 35 Millionen Dollar budgetierten Films sind hochkarätig besetzt. In der Rolle des Ben spielt Robert de Niro („Taxi-Driver“, „Der Pate, Teil“, „Die durch die Hölle gehen“,). Der Megastar zeigt in diesem Film seine empathischen und weichen Anteile. Er verkörpert eine Altersweisheit und Demut, die man dem Raubein seiner frühen Jahre nicht zugetraut hätte. Das Drehbuch hat ihm philosophische Qualitäten auf den Leib geschrieben und diese wurden von ihm auch mit hoher Glaubwürdigkeit angenommen. Dazu kommt eine jugendliche Elastizität, die vor allem in den Actionszenen zum Tragen kommt.
 
Anne Hathaway („Der Teufel trägt Prada“, „Rachels Hochzeit“, „Les Misérables,) war laut eines Interviews mit dem „Empire“ sehr aufgeregt über die Möglichkeit, mit dem Altstar de Niro zu drehen. Sie meisterte diese Herausforderung mit Bravour und verleiht ihrer Figur eine Mischung aus federnder Härte und rehäugiger Zerbrechlichkeit, mal abgesehen von der hinreißenden Aufmachung und den schicken Kostümchen, die sie, wie es sich für ihre Rolle ziemt, vorführen darf.
 
In den Nebenrollen spielen Nat Wolff als seelenvoller Haus- und Ehemann und JoJo Kushner als süßer lockiger„Mini-Klon“ (Zitat Ben) seiner Mutter. René Russo gibt die warmherzige zukünftige Lebensgefährtin von Ben, die ihm nach all seinem Einsatz von Herzen vergönnt sein soll.
 
„Man lernt nie aus“ ist ein leichter, gut gemachter Unterhaltungsfilm, der von seinen Hauptakteuren und dem Reiz seiner Spielplätze lebt, und der den Zuschauer mit einem ordentlichen Quantum Gerührtheit hinterlässt.