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bhat kritik
 
 Autor: Manuel Boecker
 
Angekündigt als Cyber-Crime-Thriller erfüllt „Blackhat“, der neue Film von Michael Mann, alle Erwartungen an ein 80-Millionen-Spektakel, ist durch einen pulsierenden Beat nie langweilig und doch wird man den Eindruck nicht los, das Ganze schon mal gesehen zu haben.
 
Die Eröffnungssequenz gibt gleich die hohe Schlagzahl des Films vor: Flankiert von gurgelndem Rauschen schießen Viren durch weltweite Kabelnetze, stürzen sich auf eine Festplatte wie Ameisen auf einen klebrigen Lolly und bringen ein Atomkraftwerk zur Kernschmelze. In „Blackhat“ ist dieses Katastrophenszenario der Auftakt zu einer überschaubaren Hacker-Story, an deren Ende sich Chris Hemsworth doch eher analog, sprich prügelnd und schießend, seiner Widersacher entledigt. Der Australier Hemsworth, nach seinen Rollen in „Thor“ und „Snow White an the Huntsman“ der neue Stern am Actionhimmel, kämpft diesmal als Computergenie Nick Hathaway gegen die Bedrohung durch einen „Blackhat“, einen kriminellen, zerstörerischen Hacker.
 
 
Produziert von Legendary und Universal, liefert Regisseur Michael Mann wieder einen erstligatauglichen Actionfilm ab, der an der Qualität und der dramaturgischen Finesse früherer Werke wie „Heat“ oder „Collateral“ aber nicht anknüpfen kann. Bedingt durch effektvolle Musik, digitale Aufnahmetechnik und viele bewegte Handkamerabilder erzeugt der Film zwar einen Sog, dem man sich als Zuschauer über mehr als 2 Stunden schwer entziehen kann. Aber die Geschichte bleibt mit den üblichen Zutaten aus dem gutsortierten Actionfachhandel vorhersehbar und die angekündigte Brisanz des globalen Cyberkriminellen-Milieus verheddert sich im Kleinkrieg des hackenden Antagonisten mit der Mannschaft um die Hauptfigur Nick Hathaway.
 
Die Charaktere sind eher konfliktlos gestrickt, interne Schwierigkeiten werden meist durch kurze Blickduelle gelöst und treten im Laufe der Geschichte nicht weiter auf. Insgesamt wirkt der Film eher dialogarm als geschwätzig, was in diesem Fall aber grundsätzlich kein Manko bedeutet, denn viele Situationen werden intelligent über Details im Close-Up, Bildschirmansichten oder Blicke filmisch statt sprachlich erzählt.
 
Parallel zum oben erwähnten Gau im Atommeiler in Hong Kong konstruiert Drehbuchautor Morgan Davis Foehl einen ähnlichen digitalen Angriff auf eine amerikanische Anlage, sodass Amerikaner und Chinesen die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit zur Abwehr weiterer Hackerangriffe erkennen. Carol Barrett (Viola Davis) vom FBI kooperiert zu diesem Zwecke mit dem chinesischen Cybermilitärspezialisten Chen Dawai (Wang Leehom), der seine hübsche Schwester Chen Lien (Tang Wei) zur Unterstützung im Schlepptau hat.
 
Schnell wird allen Beteiligten klar, dass die Lösung des Problems aber nur mit ihm gelingen kann: Nick Hathaway, der als Profihacker auf die schiefe Bahn geriet und wegen Kreditkartenbetruges im Gefängnis sitzt. Gegen einen Straferlass erklärt sich der smarte Hathaway bereit, die ungewöhnliche Koalition anzuführen.
 
Wenig überraschend sind Chen Dawai und Hathaway beste Freunde aus Studienzeiten am MIT und haben damals spaßeshalber eine Malware entwickelt, die ihr Gegenspieler später modifiziert hat und nach dem Atomunfall nun auch zur Börsenmanipulation missbraucht. Obwohl keine politischen oder erpresserischen Forderungen von Seiten des fiesen Hackers gestellt werden, setzt das Team, zu dem als Aufpasser von Hathaway noch ein US-Marshall (Holt McCallany) gehört, alle Hebel in Bewegung, um dem Blackhat das Handwerk zu legen.
 
Hathaway und die verführerische Lien verlieben sich unter den argwöhnischen Blicken des Bruders ineinander, der um die Sicherheit seiner Schwester fürchtet, als die Hackerbande den Konflikt brutal verschärft. Häppchenweise tippen, scrallen und ballern sich die Helden durch das dunkle Netzwerk von Helfern und Handlangern, bevor es nach Stationen in den Vereinigten Staaten und Hong Kong schließlich in Malaysia zum großen Showdown kommt.
 
Chris Hemsworth erfüllt in der Figurenbeschreibung von Nick Hathaway eher die Anforderung „Body“ als „Brain“. In die Geschichte wird die Figur dementsprechend auch nicht mit einem genialen Computermanöver, sondern mit schweißtriefenden Liegestützen in der Zelle eingeführt.
 
Im Verlauf der Geschichte bleibt Hemsworth seltsam unbeteiligt, todbringende Schlägereien bringen ihn ebenso wenig aus der Fassung wie die Tränen seiner Geliebten Lien. Diese wird von Tang Wei angenehm zurückhaltend, mit berührender Ehrlichkeit gespielt. Da sie im Apparat der Geheimdienste aber keine echte Funktion erhält, bleibt der schale Eindruck, sie diene nur der emotionalen Unterfütterung von Hemsworths Figur.
 
Wang Leehom und Viola Davis bilden mit ihrer Direktheit einen Gegenpart zur Unnahbarkeit von Hemsworth und reichern den Film mit menschlichen Schwächen und, in Davis Fall, wenigstens mit etwas trockenem Humor an.
 
Über einige Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten in „Blackhat“ sollte man einfach zugunsten einer dichten Atmosphäre hinwegsehen: So spielt die, zumindest in Europa ziemlich umstrittene, NSA in diesem Film über Cyberkriminalität nur eine marginale Nebenrolle und wird als hinterwäldlerischer Laden mit Beamtenmentalität dargestellt, dessen führender Mitarbeiter sich mit einem simplen Phishing-Trick überlisten lässt.
 
Daneben werden die Zweifel an einer Zusammenarbeit der ideologischen Gegner im Themenkomplex Netzkriminalität, USA und China, von den Beteiligten simpel mit der Lust am Experiment beiseite gewischt und warum der bis fast zum Schluss unsichtbare finstere Hacker, gemessen an seinen scheinbar unbegrenzten Fähigkeiten, so überaus umständlich sein Geld im Netz verdienen muss, bleibt das Geheimnis des Drehbuchautors.
 
Letztendlich werden Freunde des Genres wohlwollend über die Schwächen hinwegsehen. Wer auf eine abgespeckte „Bourne Identität“, garniert mit ein paar „Matrix“- oder „Tron“- Elementen steht, wird auch dieses Produkt aus der Traumfabrik mögen.