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*** Enkel für Anfänger ***

ouatih kritik

Autor: Walter Hummer
 
Die Heldin dieses Films ist Rentnerin. Aber Karin will sich nicht bloß mit Garten und Ehemann beschäftigen. In ihr steckt noch viel mehr …
 
Kein Werbefilm
 
Karin (Maren Kroymann) kann zufrieden sein. Das meint zumindest ihr Mann (Günther Maria Halmer). Mit ihm und seinen Modelleisenbahnen bewohnt sie ein abbezahltes Eigenheim in dessen Garten der Rasenroboter für Ordnung sorgt. Aber Karin will mehr als einen stets gestutzten Rasen. Schwägerin Philippa (Barbara Sukowa) bringt sie auf die Idee, Paten-Oma zu werden. Auf dem Weg zur Agentur trifft sie ihren alten Freund Gerhard (Heiner Lauterbach). Nachdem sein Partner vor zwei Jahren verstorben ist, musste er am Vortag auch noch seinen Hund einschläfern lassen. Also begleitet er Karin zur Leih-Großeltern-Vermittlung …
 
„Enkel für Anfänger“ ist kein vollends gelungener Film. Komödie zu schreiben zählt wohl nicht zu den Stärken von Drehbuchautor Robert Löhr („Kein Bund fürs Leben“). Also bekommen wir immer wieder unoriginelle Komödienklischees geboten. Die Helikoptereltern versorgen das arme Kind mit Arnica-Globuli und salzlosen Dinkelbrezen. Der Paten-Opa spricht von einer Altflöte und der Knabe erzählt darauf von der alten Flöte des Senioren („ein Riesending“). Und alte Hippies laufen nackt durch die Gegend.
 
 
Komödie zu inszenieren zählt auch nicht zu den Stärken von Regisseur Wolfgang Groos („Die Vampirschwestern“). Also werden die die mäßig witzigen Scherzchen ohne rechten Sinn für Timing serviert. Wenn sich dann noch alle drei Handlungsstränge gleichzeitig während eines Schulfests verwickeln müssen, nur damit diese Verwicklungen danach im Laufe des gleichen Abends zu aller Zufriedenheit gelöst werden können, wirkt das alles schon arg formelhaft.
 
Willst Du auch abkratzen?
 
Dabei hat das Drehbuch auch Originelles zu bieten. Wenn Karin gleich in der ersten Szene darüber spricht, dass Rentner nur in Werbefilmen immer gut drauf sind, lässt einen das aufhorchen. Wenn Gerhard sich verlassen fühlt, über Selbstmord nachdenkt und dem verstorbenen Partner vorwirft, doch mit dem Sterben angefangen zu haben, lässt das einen besseren Film erkennen, der in einem passablen Film steckt und raus will. Wenn der Ehemann selbst bei einer romantischen Geste noch praktisch denkt, erkennen wir, Autor Löhr ist ein feiner Beobachter von Menschen und Beziehungen.
 
Denn um Beziehungen geht es in diesem Film. Es geht nicht nur um Partnerschaften, wie die langjährige Ehe von Karin und ihrem Mann der bloß seine Ruhe will oder die Ehe zwischen dem junggebliebenen Kai (Dominic Raacke) und seiner viel jüngeren Frau. Es geht auch um die Beziehung zwischen Vater und Tochter und was die Tochter in dieser Beziehung braucht. Es geht auch um Beziehungen außerhalb einer Familie, etwa wenn das junge Elternpaar die Paten-Oma nur zu bestimmten Bedingungen duldet und nur dann wenn es den Eltern passt.
 
Wir erfahren auch einiges über Würde, wenn Gerhard seinem Paten-Enkel Tipps gegen Mobbing gibt, die tief in die Vergangenheit des älteren Mannes blicken lassen. Und es geht in diesem Film um Wünsche und Sehnsüchte, wenn sich eine Frau am Ende nicht zwischen zwei Männern sondern für einen Traum entscheidet.
 
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Ebenso wie das Drehbuch neben den Schwächen auch Stärken zeigt, lässt auch die Regie tolle Einfälle erkennen. Wenn das von den Eltern mit Bioreiswaffeln versorgte Kind einmal lässig Cola trinkt, ist das ein starkes Bild. Wenn Heiner Lauterbach ohne jedes Pathos ein ungewöhnliches Schlaflied singt, möchten wir alle so einen Paten-Opa haben. Und wenn Maren Kroymann mit fast Siebzig Jahren verliebt lächelt, lächeln wir mit ihr. Regisseur Groos liefert die besten Momente des Films immer dann, wenn er auf seine großartige Besetzung vertraut.
 
So spät im Leben nochmal was Neues anfangen?
 
Maren Kroymann ist eine großartige Sängerin, eine geistreiche Kabarettistin und eine bisher leider unterschätzte Schauspielerin. Dem breiten Publikum wird sie wohl hauptsächlich aus der Serie „Mein Leben & ich“ bekannt sein. Sie vermittelt uns die Verlorenheit einer Frau, deren Mann schneller alt geworden ist als sie. Zusammen mit ihrer Figur erkennen wir, dass sie zwar eine ältere Frau ist aber noch keine alte Frau sein mag. Und Kroymann lässt uns mitfühlen wie sich auch eine ältere Frau noch verlieben kann. Das alles spielt sie wunderbar unaufgeregt und gar nicht theatralisch, nur mit Hilfe eines ausdrucksstarken, lebendigen und wunderschönen Gesichts.
 
Barbara Sukowa war als junge Frau bildschön und hat mittlerweile ein Gesicht, wie man es sich über lange Jahre erarbeiten muss. Sie hat u.a. mit Fassbinder „Berlin Alexanderplatz“ und „Lola“ und mit Margarethe von Trotta „Die bleierne Zeit“ und „Hannah Arendt“ gedreht. Sie war Rosa Luxemburg und Hildegard von Bingen. Man wünscht sich, Drehbuchautor Löhr hätte sich ein bisschen mehr Mühe mit ihrer Figur gegeben. Die nur halbausgearbeitete Rolle der Philippa gibt dieser großen Darstellerin viel zu wenig zu tun. Trotzdem brilliert Sukowa in jeder ihrer Szenen.
 
Heiner Lauterbach hat zuletzt in „Der Fall Collini“ das Klischee eines Anwalts gespielt. Vor einigen Jahren hat er in „Vatertage – Opa über Nacht“ das Klischee eines älteren Schwulen gespielt. Hier darf er endlich wieder einmal einen echten Menschen darstellen. Er spielt angenehm zurückhaltendend, mit einer stillen Würde und einem feinen Gespür für Humor.
 
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Palina Rojinski wirkt in ihren wenigen Szenen als alleinerziehende Mutter ganz bezaubernd. Auch die anderen Nebenrollen sind mit bekannten Namen wie Dominic Raacke, Günther Maria Halmer und Tim Oliver Schultz hochwertig besetzt. Und die jungen Darsteller Bruno Grüner, Julius Weckauf, Maya Lauterbach und Julia und Luise Gleich stehlen ihren älteren Kollegen immer wieder die Show.
 
Fazit
 
Dieser Film ist eine deutsche Komödie. Aber er will sich nicht bloß mit launigen Scherzen über Rentner und moderne Eltern beschäftigen. In diesem Film steckt ein subtiles Drama über Beziehungen, Liebe, Würde und alles was im Leben wichtig ist. In den Momenten, wenn die deutsche Komödie Platz für diesen anderen Film macht, erleben die Kinobesucher etwas ganz Besonderes.
 
 
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